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als äquivalentes Analogon gegenüberzustellen.» Wir kennen vielmehr nun zwei deutliche morphologische Änderungen
von Beeinflussung der chemisch unendlich komplizierten, prinzipiell aber doch einzigen und einheitlichen
Kernsubstanz auf das Plasma die Chromosomen hei der Zellteilung und die Chromidien im Individualhben der
Zelle, d. h, zwischen zwei Teilungen. Das gilt zunächst für die Metazoenzelle.
Wenn ich nun nach dieser Darstellung der Befunde und Ansichten Schaxel's, welche, wenn sie sich als wahrhaft
erweisen, gewiss von grosser Bedeutung für die Zelllehre sind, zu der Beschreibung meiner eigenen Befunde
übergehe, so werde ich zunächst die mittelst der Heidenhain'schen Hämatoxylinmethode gewonnenen Bilder schildern
, um erst nachher die mit der Biondi'schen Methode erhaltenen zum Vergleich anzuführen. Die Fixation des
Materials geschah teils mit Sublimatlösungen, vor allem mit der Zenkerschen Flüssigkeit, ausserdem auch vielfach
mit dem Carnoyschen Gemische und mit Pikriuessigsäure. Durch alle diese Fixationsmethoden bekam ich untereinander
sehr übereinstimmende Eesultate. Die Flemmingsche und die Hermannsche Flüssigkeit lieferten ebenfalls
z. T. interessante Bilder. Wie oben schon betont worden ist, will ich das hinsichtlich der Eientwicklunsr der
Ascidien schon längst Bekannte nur in den Punkten, die für die Darstellung meiner eigenen Befunde wichtig sind
berühren.
Bekanntlich hat man seit recht lange in der Entwicklung der Ovarialeier gewisse verschiedene Stadien
unterschieden. Dies ist auch hinsichtlich der Eier der Ascidien geschehen. Man hat sie aber nicht in gleicher
Weise aufgefasst und auch keine eigentlichen Grenzen zwischen ihnen angeben können, da sie allmählich ineinander
übergehen. Die neueste Einteilung in Stadien ist die oben angeführte von Schaxel, welche besonders die von
ihm beschriebene Chromatinemission berücksichtigt. Ein anderer Einteilungsgrund wäre die Dotterbildung, nämlich
in eine Periode vor derselben, eine zweite Periode während derselben und eine dritte nach dem Abschluss derselben
. Bei den Ascidieneiern könnte auch das Verhalten der Testazellen berücksichtigt werden. Ich will aber
hier keine solche besonderen Einteilungen anwenden, sondern lieber die ganze Entwicklungsfolge als eine zusammenhängende
betrachten.
Die ganz jungen und kleinen Eier, welche bekanntlich dicht an der Wand der Ovarialsäcke liegen und an
Yertikaischnitten gewöhnlich eine allmählich anwachsende Grösse darbieten (Fig. 1 der Taf. XIY), zeigen sich als
unregelmässig runde oder rundlich-eckige Körper, mit hellem Protoplasma, in welches nur vereinzelte, kurze, durch
Häniatoxylin gut färbbare, körnige Mitomschlingen eingelagert sind, und mit einem rundlichen oder etwas ovalen
Kern, in dem ein kleiner rundlicher Nucleolus, aber keine oder sehr wenige Ghromatinkörnerschlingen nachweisbar
sind. Erst in den etwas mehr vergrösserten jungen Eiern dieser Kolonien (Fig. 1, nach unten hin, und Fig. 2
der Taf. XIV) findet man immer reichlichere Mitomschlingen im Protoplasma und sich allmählich vermehrende
Ghromatinkörnerschlingen im Keimbläschen sowie eine verhältnismässig starke Vergrösserung des Nucleolus. Das
Mitom ist sehr charakteristisch und bietet vollständig denselben Charakter wie das Mitom anderer junger Eier (z.
B. bei Echinus, Asterias, Modiola, Pecten u. s. w.). Schaxel scheint dasselbe in den jüngeren Ascidieneiern nicht
bemerkt zu haben. Dagegen haben wohl mehrere andere frühere Forscher diese Mitomschlingen mehr oder weniger
deutlich vor Augen gehabt. So sagt Floderus x) in seiner gründlichen Arbeit über die Bildung der Follikelhüllen
bei den Ascidien: »Das Protoplasma der jüngsten Eier ist hell und durchsichtig mit zerstreuten Körnchen in einer
hellen Zwischensubstanz. In einem etwas späteren Stadium nehmen die Körnchen an Zahl zu und verleihen dem
Plasma ein feingranuliertes Aussehen.» Offenbar hat er die Körnchen des Mitoms, die »Mikrosomen», gesehen,
obwohl er hier die sie verbindenden Fäden nicht bemerkte. Bluntschli 2) beschreibt dann die fraglichen Körnchen
eingehender. In den noch ganz jungen Eiern fand er im Ooplasma kleinste solche Bildungen, »welche eine starke
Affinität zu Häniatoxylin und Safranin autweisen (basophile Körnchen), dazwischen eine netzige oder wabige Grundsubstanz
, welche sich mit Eosin leicht tingiert, und schliesslich farblose Partien - - offenbar Flüssigkeitsvakuolen -
die in das Netz der Zwischensubstanz eingelagert sind. Das Bild wird mit der Grössenzunahme der, Oocyten deutlicher
, die basophilen Körnchen — die Kornsubstanz Floderus' - werden grösser und stellen jetzt bald rundliche,
bald ovale Gebilde dar, sind öfters grüppchenweise aneinandergehigert . . . Meines Erachtens», sagt Bluntschli,
»gehören sie zn den weitverbreiteten basophilen Granula der Evertebrateneier, die so oft gefunden, so wenig in
ihrer Bedeutung erforscht wurden, und so möchte ich sie den Mikrosomen Hertwig's (93) oder den damit identischen
Cytosomen Prenant's (99) gleichstellen, sie auch mit diesen Namen belegen oder im Hinblick auf Veränderungen
und Wandlungen, die sie später erleiden, schon als Mitochondrien nach dem Vorgang Benda's (98) be-
') Matts Floderus, lieber die Bildung der Follikelhüllen bei den Ascidien. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. 61. Band, 1896.
-j H, Bluntschli, Beobachtungen am Ovarialei der Monascidie Cynthia microcosmus, Gegenbaur's Morphologisches Jahrbuch, 32. Band, 1904.
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