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Unter diesen Umständen schien es mir, von Interesse zn erfahren, wie sich die Nervenzellen bei den
Embryonen der Haie verhalten. An Schnitten vom Gehirn und Rückenmark 20 bis 30 mm. langer Embryonen
derselben Haiart färben sich die Kerngerüste der ruhenden Zellen rötlich, mit mehr oder weniger hervortretender
violetter Nuance. Nur an den in Mitose befindlichen Zellen tritt die grüne Farbe auf, und zwar in sehr ausgeprägtem
Grade. Die Fig. 2 und 3 der Taf. XXI stellen zwei kleine Partien von einem Querschnitt eines mit
Biondigemisch gefärbten Rückenmarks (von einem 20 cm. langen solchen Embryo) dar. Zwischen den mit rotem
oder rötlich violettem Kerngerüst versehenen Neuroblasten finden sich drei derartige Zellen mit Kernen in etwas
verschiedenen Stadien der Mitose, und in allen dreien sind die Chromosomen intensiv blaugrün. Hierdurch ist
also gezeigt, dass auch bei den Neuroblasten in den Mitosestadien die Chromosomen die methylgrüne Farbe
annehmen.
Bei Salamandra maculata färben sich im Biondigemisch auch im erwachsenen Zustande die Kerne der
meisten Körperzellen mit auffallender Vorliebe intensiv grün. Es könnte von einem gewissen Interesse sein,
die verschiedenen Gewebe und Organe in dieser Beziehung durchzuprüfen; bisher fand ich indessen nur zu einer
beschränkteren Orientierung Zeit. Bei den verschiedenen Zellarten von epithelialer, muskulärer und bindegewebiger
Natur färben sich also die Kerne im allgemeinen grün. Bei den Nervenzellen aber nicht. Es schien mir
deshalb wertvoll zu erfahren, ob nicht im embryonalen Zustande dieser Tiere im Rückenmark und Grehirn die
Kerne der Nervenzellen sich grün färben, und wann und wie der Ubergang zu dem Verhalten der sich rötlich
färbenden älteren Zellen vorsichgeht. Bei den Salamanderlarven von 25—30 mm. Hess sich dies schön eruieren.
In der Fig. 5 der Taf. XXI ist der Querschnitt des Rückenmarks einer solchen Larve wiedergegeben; ringsum
den Zentralkanal (links in der Fig.) sieht man eine gedrängte Menge von Neuroblasten, mit je einem Kern mit
grünem Gerüst; in einem dieser Kerne ist das Gerüst in der Spiremphase von Mitose; an der äusseren Seite dieser
grossen Neuroblastenansammlung erkennt man rechts, an der Grenze zu der rotgefärbten Zone von quergeschnittenen
Nervenfasern der Seitenstränge, drei grössere Nervenzellen, an denen der rotgefärbte Zellkörper deutlich
hervortritt und wo in den grossen Kernen sowohl grünliche als auch violette Körner sichtbar sind. In der Fig. 6 a
habe ich eine kleine Partie dieser Grenzzone in stärkerer Vergrösserung abgebildet; links sieht man hier mehrere
Nervenzellen mit rot gefärbtem, birnförmig auslaufendem Zellkörper und grösstenteils noch grünem Gerüst in dem
Kern; in einigen dieser Kerne sind jedoch schon mehr oder weniger rotviolett gefärbte Körner sichtbar, und in
der untersten grosskernigen Zelle ist das Gerüst des Kerns überwiegend violett gefärbt, sowie ein stark rotvioletter
Nucleolus vorhanden. In der breiten Zone der quergeschnittenen, längsverlaufenden Nervenfasern bemerkt man
einzelne grüne Kerne, ebenso an der Hülle des Rückenmarks, in dem umgebenden losen Bindegewebe und in der
nach unten von dem Marke gelegenen quergeschnittenen Scheide der Chorda dorsalis.
Nach rechts von dem Querschnitte des Rückenmarks erkennt man in der Figur noch eine interessante
Partie, nämlich ein der Länge nach getroffenes Spinalganglion, von dem oben-links die Wurzel brückenartig zum
Marke geht und nur grün gefärbte Kerne darbietet. In dem Ganglion selbst sind aber nicht nur grüne Kerne
vorhanden, sondern auch solche, die ein violett gefärbtes Gerüst und violette Nucleoli darbieten; diese letzteren,
mehr oder weniger grossen Kerne gehören Zellen an, welche einen grossen, roten Protoplasmaleib besitzen. Im
Inneren des Ganglions sieht man auch einen Kern in Mitose mit stark grün gefärbten Chromosomenschlingen.
Offenbar hat man in dem Ganglion teils echte Ganglienzellen in Ausbildungsstadien mit dem Kerngeriist grösstenteils
schon violett, nur wenig grünkörnig, gefärbt; ein Teil der Kerne müssen jedoch auch Ganglienzellen angehören
, die noch ganz grün gefärbte Kerne haben; die übrigen grünen Kerne im Ganglion sind als den Schwannschen
Scheiden, den Zellenkapseln und dem Endoneurium angehörig aufzufassen. Die in den Fortsätzen des Ganglions
befindlichen grünen Kerne gehören natürlich auch den Hüllen und den Schwannschen Scheiden an.
In dem hier dargestellten Bilde findet man also die gesuchten Übergangsstadien von den Neuroblasten mit
nur ^Ägefärbten Kernen zu den Stadien, in welchen die Chromatinsubstanz des Kerns sich violett-rötlich färbt,
wie dies sich dann stets im fertigen und erwachsenen Zustand der Ganglienzellen erhält.
Beim Kaninchen (Fig. 7 der Taf. XXI) sind die FärbungsVerhältnisse denen des Haifisches ganz ähnlich.
Als Beispiel ist auch aus dem Ganglion gasseri des erwachsenen Tieres die zitierte Figur aufgeführt. Man sieht
in dieser Figur 7 drei Ganglienzellen mit rotem Zellkörper und im Kern einen ausgeprägt violetten Nucleolus
und ein rötlich violettes Chromatingerüst. Dagegen sind alle die die Ganglienzellen umgebenden Kerne, sowohl die
der Zellenkapseln; als der Nervenfasern und des Endoneuriums, ausgeprägt grün. Fig. 7 a ist eine Rückenmarkszelle.
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