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7.
Ein Fall von Hermaphroditismus bei Asterias
rubens l.
Taf. XXIII, Fig. 9—12.
Als ich im letztverflosseneri Frühling in der zoologischen Station der schwed. Akademie der Wissenschaften
mit Untersuchungen über die Eier und die Befruchtungserscheinungen bei dem an unserer Westküste gewöhnlichen
Seestern Asterias ruhens L. beschäftigt war und die Geschlechtsorgane einer bedeutenden Anzahl dieser Tiere durchmusterte
, traf ich gelegentlich einen solchen, schon ziemlich weit erwachsenen (zwischen den am meisten divergierenden
Armspitzen etwa 22 cm. messenden) Asterias, in dessen stark entwickelten Geschlechtsdrüsen beinahereife
, sowohl Spermien als Eier vorkamen. Bei einer näheren Untersuchung zeigte es sich, dass dies in allen
Drüsensäcken der Fall war. Ich fixierte deshalb Stücke derselben, teils in Carnoyschem, teils in Zenkerschem, teils
in Pikrinessigsäure-Gemisch. Bei genauerem Studium von Schnitten des gehärteten Materials bestätigte es sich
sofort, dass ich einen echten Hermaphroditen von Asterias rubens angetroffen hatte. So weit mir bekannt war, hatte
man bisher bei dieser Art noch keinen solchen Fall gefunden. In Ludwig-Hamann's1) Darstellung der Echinoder-
men (Die Seesterne, C. Ontogenie) in Bronn's Klassen und Ordnungen des Thier-Beichs heisst es ja: »Die Ästenden
sind getrennt geschlechtlich. Nur von Asterina gibbosa ist durch die Untersuchungen von Cuenot ein Hermaphroditismus
festgestellt. Es sollen Eier wie Spermatosomen in denselben Geschlechtsorganen erzeugt werden, indem
die jungen Thiere von etwa 12 mm. männlich, die älteren weibliche sind. Ludwig bestreitet auf Grund der von
ihm in Neapel untersuchten Thiere zunächst die Grössendivergenz zwischen Männchen und Weibchen und bezweifelt
nach seinem Material die Zwittrigkeit überhaupt. Ebenso hat Macbride seine Zweifel an Cuenot's Angaben
ausgeprochen».
Ich untersuchte nun sogleich im Mai das Material von den Geschlechtsdrüsen des von mir angetroffenen
Hermaphroditen genau und erhielt ganz ausgezeichnete, teils mit Eisenalaun-Hämatoxylin, teils mit dem Biondige-
misch gefärbte Präparate, von denen ich eine Auswahl charakteristischer Partien in Abbildungen wiedergab. Als-
im Sommer die hervorragenden Echinodermen-Forscher der Präfekt der Station, Professor Hj. Theel, und Herr
Doctor Th. Mortensen aus Kopenhagen die Station besuchten, legte ich ihnen einige meiner Präparate vor. Beide
erklärten sich bisher nie einen solchen Hermaphroditismus bei Asterias rubens gesehen zu haben. Dr. Mortensen
hatte auch die Güte, mir zu versprechen, in der betreffenden Literatur näher hierüber nachzusehen. Nachdem Dr. Mor-
tensen kurz nachher mir mitgeteilt hatte, dass er nichts weiteres von Bedeutung angetroffen, und ich meinen
Aufsatz über den Befund schon zum Druck vorbereitet hatte, erhielt ich von ihm im Oktober eine neue Mitteilung,
dass im Zoolog. Anzeiger vom 5. Sept. dieses Jahres von Dr. P. Buchner'2) ein Aufsatz »Uber hermaphrodite
Seesterne» veröffentlicht ist, in welchem ein Fall von Hermaphroditismus bei einem Seestern, nämlich von Asterias
glacialis, beschrieben worden ist. Ich erwähne diese Umstände, weil es ja ganz eigentümlich ist, dass zu ungefähr
1) Bronn's Klassen und Ordnungen des Thier-Eeichs, wissensch. dargestellt in Wort und Bild. II. Band, 3. Abth., Echinodermen, beg. v.
H. Ludwig, fortges. v. O, Hamann, II. Bucb. Die Seesterne (1894—) 1899.
2) Paul Buchner, Über hermaphrodite Seesterne. Zoologischer Anzeiger, 5. Sept. 1911, Band 38, N:r 11/i2»
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