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gleicher Zeit, obwohl bei verschiedenen Arten, von Dr. Büchner und mir zwei offenbar sehr ähnliche Fälle von
dem bei Ästenden so seltenen echten Hermaphroditismus bemerkt und veröffentlicht werden. Aus dieser Mitteilung
Dr. Buchner's füge ich nun, was mir noch nicht bekannt war, zu diesem meinem Aufsatz hinzu, dass Cuenot
im J. 1898 seine früheren Angaben über Asterina bestätigt und dabei auch gefunden hatte, dass die Verhältnisse
einer starken lokalen Variation unterworfen sind. >Bei Asterina von Hoseoff waren die beiden Generationen der
Drüsen am reinlichsten geschieden, die Tiere von Banyuls zeigten auch Protandrie, aber die Stadien waren nicht
so scharf getrennt. In Neapel, von wo Ludwig's Tiere stammten, aber macht dem ein regelloser Polymorphismus
Platz. Hier findet man Männchen ohne eine Spur von Ovoz}rten, Weibchen ohne Spermatozyten, funetionierende
Hermaphroditen mit Eiern und reifem Sperma und alle Übergänge, darunter auch Ovarien, in denen nur verschwindende
Spuren von Samenzellen eingesprengt lagen. Cuenot schreibt daher, dass ohne Zweifel die Neapeler
Asterina gibbosa im Begriffe sei, aus dem protandrischen in den getrenntgeschlechtlichen Zustand überzugehen.»
Dann fügt Buchner noch hinzu: »In der gleichen Arbeit (1898) bringt Cuenot in einer Fussnote die Notiz,
dass er als Abnormität ein einziges Mal in Koseoff ein Individium von Asterias glacialis L. gefunden hatte, das,
ein erwachsenes Weibchen, in den Ovarien kleine männliche Regionen mit Spermatozoen enthielt. . . Als einzige
weitere Angabe über gelegentlichen Zwitter bei Echinodermen fügt sich die von Viguier (1900) für Sphaerecliinus
granularis an.»
Buchner geht dann zur Beschreibung seines Falles von Hermaphroditismus bei Asterias glacialis über und
veröffentlicht, umsomehr als Viguter und Cuenot keine Abbildungen von ihren Fällen mitgeteilt haben, vier
Figuren von seinem eigenen Falle. Im Winter—Frühjahr 1909—1910 an der Zoolog. Station in Neapel mit
Untersuchungen über die Eireifung bei Asterias glacialis beschäftigt, traf er ein Tier an, das ein so hochgradiger
Zwitter war, dass man ihn nicht mehr als ein Weibchen mit eingesprengten Hodenteilen betrachten konnte. Etwa
die Hälfte der Drüsen waren Hoden, die anderen Ovarien. Eier und Sperma waren reif und befruchtungsfähig.
Die Ovarien waren orange, die Hoden weisslich. In der Nachbarschaft der eingesprengten Hodenbläschen liegen
zwischen den nahezu erwachsenen Eiern sehr oft grosse Spermienansammlungen. Stellen kommen in der Drüse
vor, wo eine räumliche Trennung der Entstehungsorte gegeben ist, aber auch solche, wo in einem völlig männlichen
Follikel ganz vereinzelte junge Ovozyten mitten in den Spermatogonien und Spermatozyten gelegen sind, und die
noch mit dem Fussteil der Follikelwand anliegen. Ob der umgekehrte Fall, dass in einer Wand, die mit jungen Ovozyten
besetzt ist, kleine Spermatozytennester vorkommen, eintreffen kann, konnte Buchner nicht mit Sicherheit angeben.
Wie schon oben bemerkt wurde, scheint mein Fall von Hermaphroditismus bei Asterias rubens dem
BucHNER'schen bei Asterias glacialis sehr ähnlich zu sein. Bei meinem Tier fanden sich in den sämtlichen
Geschlechtsdrüsen sowohl Eier als Spermien, und zwar in allen möglichen Verhältnissen von Mischung; bald fand
sich mehr von Eizellen, bald mehr von Spermien, in etwas verschiedenen Stadien der Ausbildung.
In manchen Drüsensäckchen waren die Spermien in ganz überwiegender Masse vorhanden; in einzelnen
schienen sie sogar allein vorzukommen; zuweilen traf man in solchen Spermiensäckchen vereinzelte Eier verschiedener
Grösse — bald mit einem Fusse an der Innenfläche der Wand befestigt, bald von dieser abgetrennt — in die
Spermienmasse eingeschlossen. In anderen Säckchen traf man mehr oder weniger zahlreiche Eier in eine noch
überwiegende Spermienmasse zu kleineren oder grösseren Gruppen in der verschiedensten Anordnung eingesprengt;
in noch anderen nahm die Eimasse noch mehr überhand, wobei die einzelnen Eier von mehr oder weniger grossen
Spermienpartien voneinander getrennt waren, oder auch, ohne solche Zwischenpartien, dichter aneinander lagen. In
der Regel fanden sich in diesen Präparaten Eier sowohl an der Wandung der Säckchen als auch im Innenraum
ihres Lumens. Die an der Wandung gelegenen sassen an ihr mit breiterem oder schmälerem Fusse; manche
solche Eier waren eben in dem Stadium der Ablösung von der Wand, um im Lumenraum und von Spermienmassen
umgeben ihre weitere Ausbildung fortzusetzen. Diese von der Wandungsfläche abgelösten Eier waren in
der Regel mehr weniger vergrössert und höher entwickelt, indem sowohl ihr Zellkörper als der Kern und das
Kernkörperchen sich nicht nur abgerundet, sondern auch vergrössert hatten. In der Biondifärbung zeigten sie
sämtlich die violette Farbe am Kernkörperchen sowie auch an den Chromatinkörnern und der Membran des Kerns,
während sich der Eikörper selbst stets rötlich färbte.
Die Spermien lagen, wie in den normal ausgebildeten Hoden, teils in den schmalen Spermiozytenröhren,
welche im äusseren Umfange der Drüsensäckchen mehr oder weniger senkrecht gegen deren Wandung nebeneinander
angeordnet sind und nach dem Lumen hin, hier und da dichotomisch verästelt, sich öffnen, teils, und
zwar in mehr oder weniger ausgereiftem Zustande in grossen, gedrängten Massen das eigentliche Lumen ausfüllend.
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