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beginnt und dort befestigt ist und hinten von dem geraden Schwanzfaden mehr oder weniger abgelöst ist; dazu
gibt er auch Abbildungen von ganz abgelösten Plasma-Spiralen. Ballowitz scheint also offenbar an den unreifen
Spermien von Oriolus und Lanius das Vorhandensein solcher den Schwanzfaden umwindenden, nach vorn bis zum
hinteren Kopfende reichenden Plasma-Spiralen, die bei den reifen Spermien abgelöst werden, anzunehmen.
Von den Corvidae hatte Ballowitz nur ein einziges Exemplar von Corvus frugilegus zur Verfügung,
»welches erst zu später Jahreszeit geschossen war, so dass das Vas deferens nur wenige Spermatozoon enthielt und
nur ganz ungenügende Präparate liefern konnte. Auch war es mir», fügt Ballowitz hinzu, »nicht möglich, anderer
Vertreter dieser Gattung habhaft zu werden.»
Bei meinen eigenen vorigen Untersuchungen (Biol. Unt. Band XIV, 1909) fand ich dann, wie oben erwähnt,
bei Corvus cornix und Pica pica, dass im noch unreifen Stadium, also während der Entwicklung, die Spermien von je
einem ziemlich dicken protoplasmatischen Spiralfaden lose umwunden sind, welcher nicht nur den vorderen Teil
des Schwanzfadens, sondern auch den Kopf bis an die Spitze umgibt. Dieser Spiralfaden, welcher offenbar dem
auch an den reifen Spermien der meisten Passeriformen stets sowohl am Kopf als am Schwanzfaden festsitzenden
und zurückbleibenden Apparat homolog sein muss, fällt bei den Spermien der Corviden im reifen Zustande ab, was.
für die echten Vertreter dieser Familie charakteristisch ist.
Mir war aber zu jener Zeit (1908—09) kein Material für Spermienuntersuchungen von Lanius und Oriolus
zugänglich, so dass ich keine Angaben darüber hinzufügen konnte. Aus den Angaben von Ballowitz schien aber
hervorzugehen, dass sich diese Vogelspermien denen von Corvus cornix und Pica pica ziemlich ähnlich verhalten
dürften. Ich habe mich deshalb seitdem bemüht, mir von ihnen das gewünschte Material zu verschaffen. Im
letzten Mai ist es mir gelungen, durch Herrn A. Cohn in Stockholm, solches von Lanius zu bekommen; und zu
gleicher Zeit erhielt ich auch von Coloeus monedula geeignetes Material, das ich der liebenswürdigen Hülfe des
Konservators Dr. 0. Holmqvist in Lund verdanke. Von den Grarruliden gelang es mir zwar, durch die gütige
Vermittelung des Intendanten Dr. A. Behm auf Skansen in Stockholm, eine Beihe von lebenden Männchen von
Grarrulus glandarius zu erhalten; sie zeigten sich aber bei der Untersuchung sämtlich zu jung; hoffentlich wird es.
ein anderes Jahr, wo einige noch überlebende Exemplare untersucht werden sollen, besser gelingen.
Ich gehe nun zur Beschreibung der Spermien von Coloeus und Lanius über.
Die Spermien von Coloeus monedula (L).
Taf. XXVII, Fig. 1—11.
Die ganz reifen Spermien von Coloeus ähneln denen von Corvus cornix, sie sind aber etwas kleiner, indem
sowohl der Kopf als der Schwanzfaden in der Pegel kürzer sind. Der Kopf ist auch schmäler und bietet nur
zwei Spiralwindungen dar (Fig. 1 und 2). Das Spitzenstück ist mit zwei scharf geknickten Spiralbiegungen versehen
und läuft vorn ganz dünn hinaus. Das Verbindungsstück bildet am hinteren Kopfende ein schmales, sackförmiges,
nach hinten hin sich allmählich noch mehr verschmälerndes Anhängsel, welches am Hinterende des Kopfes befestigt
ist und den Schwanzfaden mit etwas mehr als einer Windung spiralig umgibt und hinten abgerundet und stumpf
endigt. Der Schwanzfaden ist sehr fein und läuft hinten zugespitzt hinaus, ohne ein deutlich abgesetztes Endstück
zu zeigen. Mit Eosanilin färbt sich an Osmiumpräparaten das Spitzenstück und das Anhängsel des Verbindungsstücks
rot (Fig. 1); ebenso in den Carnoj^-Biondi-Präparaten, in welchen das eigentliche Kopfstück intensiv blaugrün
hervortritt (Fig. 2).
An den noch nicht ausgereiften Spermien (Fig. 3 und 4) bemerkt man nun, wie an denen von Corvus
cornix und Pica pica, einen den vorderen Teil des Schwanzfadens und den Kopf mehr oder weniger weit nach
vorn hin spiralig umwindenden, sich in Eosanilin (Fig. 3) und Säurefuchsin (Fig. 4) rot färbenden Faden, welcher
vorn spitz, hinten verdickt und, wie man sagt, zungenförmig abgestumpft endigt. Er liegt gewöhnlich sowohl
dem Kopf als dem Schwanzfaden nur lose an und ist übrigens von verschiedener Dicke und Länge; gewöhnlich
kann man ihn bis zum vorderen Ende des eigentlichen Kopfstücks verfolgen, zuweilen endigt er aber schon vorher,,
an der Mittelpartie des Kopfes. Er kann aber auch in der vorderen Partie, am Kopfe, recht massiv sein und
das Kopfstück mit seinen Spiralwindungen eng umfassen (Fig. 5). Nach der Ausreifung der Spermien fallen dann,
wie bei Corvus cornix und Pica pica, diese Spiralfäden ab und werden als frei in dem Sperma gelegene Gebilde^
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