http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1911_16/0107
12.
RÜCKBLICK
auf einige der in den Untersuchungen bei den Eiern und Spermien mittelst der Ehrlich-Biondifärbung
gewonnenen Ergebnisse.
In mehreren der obigen Mitteilungen, und zwar besonders in den unter den Nummern 2, 3, 4 und 5
dieses Bandes der Biol. Unters. (N. F. B. XVI) aufgeführten, habe ich über Untersuchungen berichtet, in welchen
nicht nur die wahrnehmbaren morphologischen, sondern auch die Farbenaffinität-Veränderungen während gewisser
wichtiger Lebensprozesse der Zelltätigkeit verfolgt worden sind.
In erster Linie habe ich dabei versucht, die Veränderung eil des Kerns und seiner Bestandteile, vor allem
des Chromatingerüsts und des Kernkörperchens, zu eruieren. Dass ich dabei ganz besonders die Eier und Spermien
zu Versuchsobjekten, und zwar teils jede für sich, teils in ihrem Verhalten zu einander, auswählte, ist natürlich,
teils wegen ihrer hervorragenden Bedeutung im allgemeinen, teils auch weil man diese Zellelemente am besten in
isoliertem Zustande mehr oder weniger lange lebendig erhalten und in verschiedenen Phasen ihrer Entwicklung*
aufbewahren kann, Ich versuchte also, diese normal vorsichgehenden Veränderungen sowohl während der Ausbildung
der Eier in den Ovarien bis zur Beifung, wie auch während des Beifungsprozesses und der Befruchtung
bzw. der Parthenogenese, sowie während der danach folgenden Entwicklung bis in das Grastrulastadium zu verfolgen
. Zu Versuchsobjekten wählte ich dabei vor allem die Eier gewisser leicht und in hinreichender Zahl zugänglicher
Echinodermen, teils auch die Eier von Ascaris megalocephala sowie Eier mehrerer Vertreter einiger anderer
Ordnungen und Klassen des Tierreiches aus. Hinsichtlich der Spermien habe ich sie besonders bei dem Be-
fruchtungsprozesse verfolgt, aber auch etwas während ihrer Entwicklung studiert. Es wäre gewiss von Interesse
gewesen, diese Untersuchungen noch weiter ausgedehnt zu haben, falls Zeit und Gelegenheit dies erlaubt hätten.
Das betreffende Gebiet ist ja sehr umfassend und verlockend. Weil ich aber durch die schon ausgeführten Studien
in mehreren Beziehungen zu gewissen mehr oder weniger bestimmten und allgemein geltenden Ergebnissen gelangt
bin, habe ich es richtiger gefunden, die betreffenden Befunde schon jetzt zu veröffentlichen, da ich nicht weiss,
wie lange es mir vergönnt sein wird, diese Forschungen fortsetzen zu können.
Am Abschluss der verschiedenen obigen Kapitel wurden im allgemeinen kurze Bückblicke auf die Befunde
und Ergebnisse geliefert. Hier in diesem übersichtlichen Bückblick möchte ich aber versuchen, eine Zusammenfassung
der mehr allgemein gültigen Besultate zu geben, und habe dieselben in den folgenden Bemerkungen zusammengeführt
.
I. Während der Ausbildung der Eier in den Ovarialsäcken, und zwar schon von einem sehr frühen Stadium
an, enthalten bei den Echinodermen die Keimbläschen kein im Biondigemisch sich grün färbendes Chromatin.
Sowohl die Körnchen ihrer Fäden, die sog. Chromiolen, als ihre Nuldeolen nehmen in der Begel nur eine rötliche,
oder noch mehr eine violette Farbe an und behalten diese bis zum Prozesse der Abgabe der Bichtungskörper. Wie
vor allem Oscar Heetwig schon vor mehreren Dezennien feststellte, enthält der Nucleolus des Keimbläschens die
für diesen Prozess bestimmte Chromatinsubstanz, und diese tritt aus dem berstenden und sich auflösenden Keimbläschen
hinaus, um an die sich im Eikörper bildende Zentrosphäre die für das betreffende Tier charakteristische
Anzahl von Chromosomen abzugeben. Durch die Biondifärbung färben sich diese Chromosomen eben bei ihrem
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1911_16/0107