Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., V 9622
Retzius, Gustaf
Biologische Untersuchungen
Jena, N. F. 16.1911
Seite: 99
(PDF, 39 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Alte Drucke und Autorensammlungen

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1911_16/0113
99

Flemming-Van Beneden'sehen Bezeichnungen und nicht die modernen Namen Mitochondrien — Ckondriokonten —
Plastdkonten — Plastochondrien — Chondriosomen — Piastosomen hier benutze.

1. Was nun die Struktur des Protoplasmas betrifft, so habe ich schon im XV. Bande dieser Biol. Unters.
(1910) meine Befunde in den Eiern der Echinodermen und mehrerer anderer Tiere beschrieben und eine Anzahl
bildlicher Darstellungen veröffentlicht. In wesentlicher Übereinstimmung mit der zwar ganz kurzgefassten Schilderung
Flemming's (1882) von dem Protoplasma der unreifen ovarialen Eier der Echinodermen, in welchen er einen
Fadenb&u. gefunden hatte, obwohl er nicht entscheiden konnte, ob ein netzförmiger Zusammenhang unter den
Fäden besteht, — am reiferen Ei hindern nach ihm die Dotterkörner die Wahrnehmung zu sehr —■ konnte ich
in ausserordentlich scharfer Weise sehen und feststellen, erstens dass in den jungen unreifen Eiern das Protoplasma
aus einer hyalinen, scheinbar unstrukturierten Substanz, dem Paramitom (oder der Interfllar Substanz) Flemming's,
und einem diese Substanz durchflechtenden feinen Fadengerüst, in dem eine Menge feiner Körner in moniliformer
Anordnung aufgehängt sind, dem Mitom (Fila) Flemming's, besteht. Dieses Fadengerüst stellt nach meiner Auffassung
kein Netzwerk, sondern ein Geflecht von hier und da dichotomisch verästelten Fäden dar. Wenn nun in den Eiern
die Dotterkörner sich absetzen, geschieht dies zwischen den Fäden dieses Protoplasmagerüstes, und zwar in der
Weise, dass sie sich zu langen, windenden Strängen ansammeln, welche von dem Fadengeflecht umsponnen sind
und zwischen sich mehr oder weniger breite Paramitomräume offen lassen. In dieser Weise sind auch die reifen
Eier gebaut. Die bei und nach der Befruchtung in den Eiern entstehenden Strahlungen sind dadurch charakterisiert
, dass die sonst gewundenen Fäden sich mehr oder weniger gerade ausstrecken und sich sonnen strahlenförmig
um ein Zentrum anordnen, eine Zentrosphäre bilden. An der Oberfläche des Eies entsteht gewöhnlich eine dünne
Verdichtungsschicht des Protoplasmas.

2. Diesen Grundtypus des Protoplasmas fand ich ferner in einer Reihe von Eiern anderer Tiere wieder,
indem zwar eine verschiedene Dichtigkeit des Fadengerüsts und der Dotterstränge vorkommt, überall aber zwei
morphologisch geschiedene Substanzen, das Mitom und das Paramitom, nachzuweisen sind.

3. Durch die hier oben in diesem Bande veröffentlichten neuen Untersuchungen habe ich nicht nur die
eben referierten Ergebnisse vollständig bestätigen können, sondern sie bei einer Anzahl anderer Tierformen -wiedergefunden
. Uberall, wo die Struktur des Protoplasmas nicht durch eine zu grosse Menge des Dotters ganz undeutlich
gemacht wird, fand ich denselben Grundtypus ausgeprägt; aber auch in sehr dotterreichen Eiern, wie in denen
der Urodelen (Molge), Hess sich dieser Typus darlegen. Das Fadenwerk kann mehr oder weniger dicht sein; überall
stellt es aber ein Geflecht gekörnter Fäden, ein echtes Mitom, dar, welches im reiferen Ei die Dotterkörner
umspinnt.

4. In den Eiern des Teleostiers Gobius niger fand ich eine Art von Protoplasma, welche in wunderbarer
Klarheit die morphologische Struktur derselben darbietet. Indem es, wie bei den Knochenfischen gewöhnlich, beim
Uberführen ins Wasser sich von dem reichen Dotter abtrennt und sich an einer Seite des Eies hügelartig zu einer
dicken Keimscheibe ansammelt, bildet es, wie dies bei den Salmoniden und anderen Knochenfischen schon lange
bekannt ist, eine fast ganz reine, dicke Schicht, welche sich sehr schön fixieren und färben lässt. Bei geeigneter
Differenzierung der mit Eisenhämatoxylin gefärbten dünnen Schnitte lässt sich in wundervoller Schönheit das
Fadenwerk des Mitoms in weiter Ausdehnung verfolgen, und zwar sowohl in dem geflechtartigen Zustande als in
den Strahlungen, welche bei den- Teilungsakten der Blastomeren entstehen. Schöner und überzeugender kann man
wohl kaum die Protoplasmastruktur studieren und feststellen, als in solchen Eiern. Offenbar hat His in den
Forelleneiern diese Art von Bildern vor sich gehabt, obwohl man in den von ihm veröffentlichten, nach Photographien
der Präparate reproduzierten Abbildungen die Klarheit der Struktur nicht wiederfindet. Die von ihm
gegebene Schilderung der Struktur dieses Protoplasmas zeigt indessen, dass er in die Erkenntnis derselben tief
eingedrungen ist und sie richtig aufgefasst hat.

5. Eine schaumartige oder wabige Struktur des Eiprotoplasmas, wie sie noch hin und wieder in den neueren
Arbeiten gedeutet, geschildert oder nur erwähnt wird, habe ich in keinen Eiern gesehen. In den Eiern von
Gobius niger ist eine solche (in gut fixiertem Material) absolut ausgeschlossen.

6. In den Eiern von Ascaris megaloeephala fand ich, in Übereinstimmung mit der Darstellung von Van
Beneiden sowie auch von Carnot, im Protoplasma ein feines Fadenwerk mit moniliform in demselben eingeschlossenen
Körnern (Mikrosomen). Im Gegensatz zu ihnen fand ich es nicht netzförmig (retikulär), mit den Körnern als
Knotenpunkten des Netzwerks, sondern als ein Geflecht von dichotomisch verästelten Fäden, in denen die Körner eingeschlossen
und aufgehängt sind. Diese Fäden laufen in einer hyalinen Grundsubstanz, welche offenbar dem Para-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/biol_unt_1911_16/0113