Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2014/26
Bock, Carl Ernst
Hand-Atlas der Anatomie des Menschen: nebst einem tabellarischen Handbuche der Anatomie
Berlin, 1864
Seite: 31
(PDF, 50 MB)
Bibliographische Information
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Anatomische Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/bock1864/0049
Die Muskeln, musculi, die activen Bewegungsorgane des Körpers, sind Organe von verschiedener
Gestalt und faseriger Structur, deren weiche, feuchte und röthliche Substanz, Fleisch, caro, genannt wird und
die Eigenschaft besitzt, sich während des Lebens auf gewisse Reize (und kurz nach dem Tode durch Galvanis-
mus) zusammenzuziehen; eine Eigenschaft, welche man jetzt Contr actilität, früher Irritabilität genannt hat. Das
Fleisch besteht nun zum allergrößten Theile aus dem faserigen, röthlichen und contractilen Muskelgewebe, und
sodann noch aus Bindegewebe, Sehnenfasern, Fett, vielen Gefässen und Nerven. Die mit blossem Auge wahrnehmbaren
Elemente des Muskelgewebes - - dessen chemische Bestandteile: Faserstoff (Syntonin), Eiweiss, Leim,
Fett, Salze und Extractivstoffe (Kreatin, Kreatinin, Inosin- und Milchsäure), Inosit oder Muskelzucker ^sind —
zeigen sich als parallel neben einander liegende Fasern, d. s. die Muskelfasern, fihrae musculares (primitive Muskelbündel
), welche sich unter dem Microscope als aus feineren Fädchen oder Muskeif äs er chen (Elementarfäden)
zusammengesetzt ergeben. Fasern und Fäserchen unterscheiden sich in den sogenannten willkürlichen und. unwillkürlichen
Muskeln sehr bedeutend von einander, obschon beide Muskelarten eine merkwürdige Uebereinstimmung
nick sichtlich ihres Verhaltens gegen Reagentien zeigen. Die unwillkürlichen oder organischen Muskelfasern
(Muskel- oder contractile Faserzellen) sind plattrundliche, farblose, länglich-spindelförmige Fäden mit
fein endigenden Spitzen und einem homogenen, länglichen, stäbchenförmigen, dunkel - contourirten Kerne in ihrer
Mitte. Diese Faserzellen, aber ohne eigentliche Zellenhülle, finden sich in den Muskelhäuten des Respirations-,
Verdauungs-, Harn - und Geschlechtsapparates, in den Wänden der Drüsengänge und Gefässe u. s. w. Die ani-
malen oder willkürlichen Muskelfasern — welche durch Bindegewebe zu (secundären) Bündeln vereinigt
und dann von einer Bindegewebshülle {^erimysmm znternum) umgeben sind, sowie der ganze Muskel von einer
festern elastischen Muskelscheide (vagina muscularis s. perimysium extemum) — haben eine rundliche oder abgeplattet
polygonale Gestalt, blassgelbröthliche Farbe, und ebenso ein längsstreifiges, sowie ein quergestreiftes
Ansehen.

Structur der quergestreiften Muskeln. Die gröberen Elemente dieses Muskelgewebes sind lange, cylindrische, nur an sehr wenig Stellen
(Herz) verzweigte Fäden mit Quer- und Längsstreifung (die Muskeif as ern, Primitivbündel) von verschiedener Dicke (0,005 — 0,03"'), welche aus einer
wasserhellen, sehr elastischen, homogenen Hülle (Myo- oder Sarcolemma, Primitivscheide), an deren Innenfläche kernkörperchenhaltige Kerne
anlagern, und aus einem contractilen, quer- und längsgestreiften Inhalte (Fleischmasse) bestehen. Ueber diesen Inhalt existiren zweierlei Ansichten
. Einige lassen denselben aus den parallel (gegen 2000) nebeneinander liegenden (so die Längsstreifung erzeugenden), durch ein homogenes
(nach Kölliker aus kleinen, runden, blassen, interstitiellen Körnern, die bisweilen Fett- oder Pigmentkörner enthalten, zusammengesetztes), vollkommen
durchsichtiges Bindemittel miteinander vereinigten und ein zierliches quergebändertes Ansehen zeigenden Muskelfibrillen oder Muskelprimitivfasern
(von 0,0005"' Dicke im Mittel) bestehen, welche in regelmässigen Intervallen varicös angeschwollen zu sein scheinen (dunklere und hellei-c
kleine Abschnitte zeigen) und so die Qucrstreifung veranlassen. Nach Andern besteht die Fleischmasse aus einem Aggregat kleiner Partikelchen
(primitive Fleischtheilchen), welche in der Querrichtung verbunden und zusammenhängend das Bild eines Scheibchens oder einer dünnen Platte
gewähren, und in der Längsrichtung aneinander gereiht, dasjenige der Fibrille. Beide, Fibrille wie Scheibe, sollen jedoch nicht wirklich existiren,
sondern nur durch Zerspaltung der Fleisehmasse entstehen, ein Kunsterzeugniss sein. — Nach Köiliker sind die Fibrillen in ihrer ganzen Länge aus
einer und derselben, chemisch wie physiologisch gleichen Substanz gebildet, an welcher jedoch im Zusammenhange mit den Zusammenziehungen dichtere
(die dunklen Abschnitte) und weniger dichte Stellen sich ausbilden. In Folge der geringem Dichtigkeit der hellen Abschnitte brechen hier die Fibrillen
und Fasern leichter. — Was die Länge der Muskelfasern betrifft, so sind dieselben nur in sehr kleinen Muskeln so lang wie diese selbst; in
grössern Muskeln sind sie viel kürzer als diese und vereinigen sich mit einander in der Weise, dass sie sich einfach neben und hinter einander legen,
wobei die Enden immer zwischen andere Fasern eingeschoben sind und so rundlich - eckige (secundäre) Bündel von der Länge des ganzen Muskels
entstehen. Diese secundären, von einer zarten mattweissen Bindegewebshülle (mit feinen elastischen Fasern und Fettzellen) umgebenen Bündel vereinigen
sich dann zu tertiären Bündeln, welche nun eine stärkere Hülle besitzen und sich schliesslich in grösserer oder geringerer Anzahl zu den einzelnen
grössern Muskelportionen und Muskeln verbinden. Das diese Bündel verbindende (innere) Perimysium bildet sonach ein zusammenhängendes
Fächerwerk, welches nach aussen mit der Vagina (äusseres Perimysium) des Muskels im Zusammenhange steht und die Gefässe und Nerven des
Muskels trägt.

Die Blutgefässe des Muskelgewebes, die sehr zahlreich vorhanden sind und deren Hauptzweige entweder
schief oder quer in den Muskel eintreten und sich hier baumförmig unter spitzen oder stumpfen Winkeln theilen,
verlaufen im Perimysium zwischen den secundären und tertiären Bündeln in der Richtung der Muskelfasern und
bilden endlich ein Capillarnetz mit rechteckigen, langgestreckten, die Fäden umspinnenden Maschen. Die Capil-
laren des Muskelgewebes gehören zu den feinsten des menschlichen Körpers. Der Verlauf der Venen innerhalb
der Muskeln ist ganz jener der Arterien analog; an Lymphgefässen sind die Muskeln im Allgemeinen sehr
arm und sie scheinen nur im Perimysium der grössern Muskelabtheilungen zu verlaufen. — Die Nerven, deren

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