Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2014/26
Bock, Carl Ernst
Hand-Atlas der Anatomie des Menschen: nebst einem tabellarischen Handbuche der Anatomie
Berlin, 1864
Seite: 72
(PDF, 50 MB)
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Anatomische Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



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Bohren ganz isolirt von einander liegen. Wo man die Nerven durch Anastomosen zu Plexus verflochten sieht, ist stets nur ein
Austausch, eine Kreuzung, niemals aber eine Theilung der Nervenröhren zu bemerken. An den kleinen und kleinsten Nerven-
stämmchen rindet sich anstatt des Neurilems eine Schicht von spindelförmigen Bindegewebskörperchen und endlich eine glashelle
homogene kernführende Masse (Perineurium). Innerhalb der Nerven existirt zwischen den in Bündel gruppirten Nervenröhren
ein sehr zartes homogenes Bindegewebe (Neuroglia) und ein Netz sehr feiner Capillaren.

Centraltheile des Nervensystems sind: Gehirn, Eückenma rk und Ganglien. In ihnen ist die Nervenmasse in grösserer Menge
angehäuft und hier findet der Zusammenhang der Nervenröhren mit den Nervenzellen statt. — Der peripherische Theil des Nervensystems
wird von den Nerven gebildet und diese durchziehen als dickere oder dünnere Fäden alle Gewebe des Körpers, mit Ausnahme der sogenannten einfachen
Gewebe. Sie verbreiten sich bäum- oder netzförmig, vorzüglich nach der Oberfläche des Körpers und der einzelnen Organe hin, so dass sie
die zwischen Peripherie und Centrum ausgespannten Eadien und die Leiter von einem dieser Puucte zum andern sind. Sie stellen lange, weisse,
weiche, bäum- oder netzförmig verbreitete Fäden dar, welche zunächst von einer festen fibrösen Seheide, vagiria nervi, umgeben sind, der sie hauptsächlich
ihre Consistenz und Elasticität verdanken. Innerhalb dieser Scheide sind die Nervenfäserchen mittels Bindegewebes (Neurilem, Perineurium,
Neuroglia s. oben) zu rundlich - eckigen Fasern, Bündeln und Strängen vereinigt und auf diese Weise sowohl isolirt, als an einander geheftet. Auf
der Oberfläche der Nerven erscheinen Längenfurchen, welche von den im Allgemeinen parallel laufenden Bündeln herrühren, und quere oder spirale,
abwechselnd hellere und dunkle Streifen, die bei der Ausdehnung verschwinden und dem wellenförmigen Verlaufe der Fibrillen ihr Dasein verdanken.
Die grössern Abtheilungen eines Nerven hängen sowohl innerhalb ihres Nervens, als auch mit denen eines benachbarten Nerven von Stelle zu Stelle
zusammen, indem sie nämlich Fasern oder Fäserchen gegenseitig austauschen; dagegen gehen Primitivfasern niemals in einander über, niemals theilen
sich dieselben oder zerfallen in feinere Fasern, sondern immer verlaufen sie ohne Unterbrechung (selbst in den Nervengeflechten und Ganglien) v in
dem centralen bis zum peripherischen Ende. An manchen Stellen (in den Ganglien) finden sich zwischen den Primitivfasern auch Ganglienkugeln. —
a. Verbreitung (Verzweigung) der Nerven. Die Gehirn- und Rückenmarksnerven verbreiten sich baumförmig, indem nämlich der
Hauptstamm, welcher meistentheils aus mehrern convergirend zusammentretenden Wurzeln gebildet wird, in seinem Verlaufe Aeste abgibt,
welche sich in immer dünner werdende Zweige und Reiserchen spalten, die also um so feiner sind, je entfernter sie vom Stamme entspringen. Diese
r amific atio geschieht gewöhnlich unter spitzigen Winkeln und meist erscheint der abgehende Zweig schon höher, über dem Orte seines Abganges
vom Stamme, von diesem getrennt. Bei der Verzweigung theilen sich nun aber blos Nervenbündel oder Fasern, nie aber die Primitivfasern, und bei
dem Abgange eines Zweiges tritt demnach ein Theil der Fäserchen in diesen über, während der andere im Stamme bleibt und letzterer wird gerade
um so viel dünner, als die Fasern, welche von ihm in den Zweig traten, ausmachen. Bei dieser einfachen Verästelung, welche also nichts als ein
Ablösen einer bestimmten Anzahl von Primitivfasern von der Totalsumme der Primitivfasern eines Mutternervenstammes ist, kann sich nun 1) eine
Anzahl von Fasern am Rande des Mutterstammes in den Zweig begeben, während die im Stamme zurückbleibenden Fasern in ihrer frühern Richtung
fortgehen, oder 2) es treten die abgehenden Zweigfasern zwischen den Mutterfasern auf eine regelmässige oder auch unregelmässige Weise hervor,
während die letztem sich im Stamme fortsetzen. — b. Verbindungen der Nerven. Die Nervenäste stehen unter einander in sehr häufigen und
mannichfaltigen Verbindungen, welche die Namen: Anastomosen oder Schlingen, Geflechte und Knoten führen. Bei allen diesen Vereinigungen geht
aber durchaus nicht eine Verschmelzung der Primitivfasern vor sich, sondern es treten nur die Fasern des einen Nerven in die Scheide eines andern
über und verlaufen nun ganz oder eine Strecke mit diesem. 1) Nervenanastomose, Schlinge, ansa, anastomosis s. communicatio
nerv os a; sie entsteht durch die Vereinigung zweier Nerven unter einem Winkel oder indem sie in einen Bogen zusammenlaufen. Hierbei treten
entweder Fasern nur aus dem einen Nerven herüber in den andern (anastomosis simplex), oder es kommt durch den Anastomosenzweig zwischen
beiden Nerven ein wechselseitiger Austausch von Fasern zu Stande (anastomosis mutua). Die übertretenden Primitivfäden können nun a) mit den
Fasern, an welche sie sich anlegen, abwärts nach der Peripherie fortlaufen (anastomosis plexiformis; Volkmanu), oder ß) auch ein Stück aufwärts
gegen das Centrum hin und dann erst wieder in einen andern Nerven der Peripherie zu (anastomosis paradoxa; Volkmann). Solche Anastomosen
können nun vorkommen: zwischen Unterabtheilungen desselben Nerven, zwischen verschiedenen Nerven eines Centraiorgans, zwischen verschiedenen
Nerven verschiedener Centraiorgane, zwischen analogen Nerven der entgegengesetzten Seite des Körpers. 2) Nervengeflecht, plexus nervo su s,
ist eine netzähnliche Verbindung mehrerer Nerven durch eine mehrfach verzweigte und verschlungene Anastomose, aus welcher eine grössere oder
geringere Anzahl stärkerer oder feinerer Nerven hervorgehen, die nun aus Fäden verschiedener Nerven bestehen. Ein jeder in das Geflecht eintretende
Nerv nimmt hier Fasern von den benachbarten zum Geflechte gehörenden Nerven und zwar so oft auf, dass zuletzt jeder Nervenzweig bei seinem
Austritte aus dem Plexus Fäden von allen oder den meisten derjenigen Nerven enthält, die in das Geflecht eingingen. Es versteht sich aber, dass
gerade so viel Primitivfäden aus dem Geflechte wieder hervorgehen, als hineintraten. 3) Nervenknoten, ganglia nervosa, sind äusserst
feinmaschige Geflechte, deren Zwischenräume mit Ganglienkugeln ausgefüllt sind, so dass sie die Gestalt plattrundlicher, knotenähnlicher Anschwellungen
bekommen. — Die genannten Nervenverbindungen kommen nun so häufig vor, dass man es als ein Gesetz annehmen kann, dass kein einziger Nerv
(mit Ausnahme des nerv, olfactorius, opticus und vielleicht acusticus) seinen peripherischen Verlauf durchmacht, ohne mit einem oder mehrern andern
Nerven zu anastomosiren, dass daher die Endverbreitung der scheinbaren Aeste eines Stammes nicht mehr rein dem Wurzelanfange eines einzelnen
Nerven entspricht. Mittels dieser Anastomosen kann sich die Verbreitungsregion eines Nerven sehr weit ausdehnen, so dass das peripherische Ende
einzelner Aeste desselben in eine grosse Entfernung und höher oder tiefer fällt, als seine Ursprungsstelle. Auf diese Weise beschreiben auch die
meisten Primitivfasern grosse Umwege, ehe sie zu den Organen gelangen, in welchen sie endigen. — c. Endigungen der Nerven. Man unterscheidet
an jedem Nerven ein centrales und ein peripherisches Ende. Ersteros, auch Ursprung genannt und bis jetzt noch in Dunkel gehüllt,
hängt mit dem Gehirne oder Rückenmarke oder einem Ganglion zusammen; die Fasern desselben, welche meist innerhalb des Centraiorgans von dem
Puncte, wo an diesem der Nerv zum Vorscheine kommt (Abtretungsstelle) bis zur wirklichen centralen Endigung reichen, oder auch ausserhalb
des Centraltheiles noch nicht in die gemeinschaftliche Nervenscheide aufgenommen sind, heissen Wurzeln. Das peripherische Ende findet sich
an der Oberfläche des Körpers und einzelner Organe und endigt entweder frei oder in Etidkörperchen (s. oben). — Anordnung. Das menschliche
Nervensystem, welches sich von dem aller Thiere durch das im Verhältnisse zur Grösse der Nerven und des Körpers grösste Gehirn auszeichnet, ist
im Ganzen sehr symmetrisch geordnet, d. h. seine beiden Seitenhälften entsprechen einander vollkommen. Vorzüglich gilt dies vom Gehirne,
Rückenmarke und den aus diesen entspringenden Nerven, welche Theile auch in ihrem Baue sehr wenig Veränderungen erleiden; nur der sympathische
Nerv macht von diesem symmetrischen Baue eine Ausnahme, indem er mit seinen Zweigen grösstentheils ohne alle Ordnung und Symmetrie im
Körper herumliegt. Alle einzelnen Theile des Nervensystems sind entweder paarig und entsprechen einander auf beiden Seiten sehr genau, oder sie
sind unpaarig und liegen in der Mittellinie. Doch immer bestehen diese letztern aus 2 durch ihr Zusammentreten in der Mittellinie zu einem Ganzen
verschmolzenen gleichen Hälften.

I. Cerebro-Spinal-Nervensystem.

Gehirn., cerehrum, und Rückenmark; medulla spinalis, bilden den centralen Theil dieses Nervensystems;
beide Centra sind in knöcherne Höhlen; ersteres in die Schädelhöhle, letzteres in den Rückgrathscaiial, eingeschlossen
und daselbst von Wasser (Cerebrospinalflüssigkeit) und drei Häuten umhüllt, von denen die äussere
dura mater, die mittlere arachnoidea und die innere pia mater {cerehri und medullae spinalis) heisst. Die 4 Höhlen
des Gehirns besitzen ebenfalls einen Ueberzug, das ependi/ma ventriculorum. — Der peripherische Theil des
Cerebrospinalsystems wird von 12 Paaren Hirnnerven, nervi cerebrales, und 32 Paaren Rückenmarksner-


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