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DIE BAUKORPORATIONEN IM MITTELALTER.
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Westeuropas. So zeigt denn die kirchliche Baukunst innerhalb
ihres allgemeinen katholischen Charakters noch einen besondern;
ein entschieden nationales Gepräge. Erst als das System der
großen Päpste von Gregor VII. bis auf Innocenz IV. den Völkern
in Fleisch und Blut übergegangen war, vermochte ein wahrhafter
katholischer universaler Baustil durchzudringen, der
Gotische.
Das politische und geistige Leben Europas im Mittelalter
pulsierte hauptsächlich in den drei aus der karolingischen Monarchie
hervorgegangenen Völkergruppen: Deutsche, Franzosen
und Italiener; diese sind die Führer in allen Dingen, und die
andern Länder, England, Spanien, Böhmen, Polen und Skandinavien
nehmen die von jenen ausgegangenen Anregungen auf,
variieren sie oft in eigentümlicher nationaler Weise, ohne aber
neues zu schaffen. Vorzüglich gebührt Deutschland zur Zeit
der Sächsischen und Salischen Kaiser der Ruhm, der Vorkämpfer
der Kultur gewesen zu sein. Auf der engsten Verbindung des
Königtums mit der Kirche, mit dem Episkopate, beruhte die
Kraft des Reiches; die Bischöfe waren zugleich königliche Beamte
, und vermittelst dieses Systems war es allein möglich den
Partikularismus der Stämme zu überwinden. Allenthalben am
Rhein, am Main, an der Donau, mitten in Sachsen, erhoben sich
eine große Anzahl bewunderungswürdiger Bauten. Bauherren
waren außer den Königen und Herzogen die Bischöfe und Abte,
darunter Männer von hervorragender künstlerischer Fähigkeit,
wie Bernward Bischof von Hildesheim, Benno Bischof von Osnabrück
, Otto Bischof von Bamberg, Burkhard Bischof von Worms,
Poppo Abt von Stablo etc. die zugleich im Auftrage des Königs
wie für sich bauten. Römische Traditionen mögen wohl noch hie
und da nachgewirkt haben, im wesentlichen war man auf fremde
Arbeitskräfte angewiesen, indem ganze Arbeitergesellschaften
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