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DIE BAUKORPORATIONEN IM MITTELALTER. 37

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in Kirchen hin, die beweisen sollen, daß die Deutschen Bauhütten
eine Geheimlehre hegten, die im Gegensatz zur herrschenden
Kirche stand. „So war," sagt Findel,1 „an der St.
Sebalduskirche zu Nürnberg ein Mönch und eine Nonne in Stein
gehauen, wo ersterer die letztere unverschämt berührt etc."
Diese Wahrzeichen seien Zeugen dafür, daß die Deutschen Bauhütten
der Kirche feindselig gesinnt gewesen wären und eine
freiere Religionsanschauung gepflegt hätten. Vermöge ihres
Berufes hätten sie die Entartung des Klerus aus eigener Anschauung
kennen gelernt. Diese Argumentation beruht auf
falscher Vorstellung von der katholischen Kirche im Mittelalter»
Man sieht in ihr ein Wesen, auf dessen Stirn drohender Ernst
lagerte, kein Lächeln umspielte ihre Lippen. Man weiß nicht,
daß innerhalb der Kirche die mannigfaltigsten Bewegungen sich
bemerkbar machten, daß sie sich in fortwährender Entwicklung
befand. Vor allen Dingen hat man keine Ahnung davon, welche
große Rolle der Humor im Mittelalter spielte: „Insofe^i seine
Hauptfunktion in einem geistreichen Spiele mit Gegensätzen besteht
, konnte derselbe allererst dadurch zu voller Entfaltung
kommen, daß das Christentum die tiefsten durchgehendsten
Gegensätze bloßlegte und zum klaren Bewußtsein brachte. Und
so sehen wir denn auch, sobald die Antike überwunden ist,
allerwärts den Humor freudig aufsprudeln, ja sogar sein neckisches
Spiel im innersten Heiligtum der gottgeweihten Tempel treiben."2
„Der Humor ist eine Äußerung des Dranges nach Wahrheit,
des Bewußtseins der Relativität, der Vergänglichkeit, der Nichtigkeit
aller irdischen Größe, Macht und Herrlichkeit; der Überzeugung
eines steten Kampfes in unserem Inneren; des Ringens
nach dem Ideale; er ist das: „Bedenke, daß du ein Mensch
bist," welches jener Makedonische König sich durch einen hiezu

1 S. Findel, Geschichte, 6. Aufl. p. 63 f. Besser A. Reichensperger
Vermischte Schriften über christl. Kunst. Leipzig 1856 p. 471 ff. Fr. X.,
Kraus, Geschichte der christl. Kuust. Freiburg i. Br. JI, 1,455 f.

2 Reichexisperger 1. c. 472.


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