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DIE GEHEIMEN GESELLSCHAETEN IM 17. JAHRHUNDERT. 63

sind gering, und der große Deutsche Chemiker Liebig hat sie
noch tiefer ge wertet als es der Wahrheit entspricht.1 Denn mit
dem Hochmut des modernen Menschen hat Liebig verkannt, daß
das, was uns trivial and selbstverständlich erscheint, den damaligen
Menschen neu war. Nur vermöge seiner eminenten geistigen
Fähigkeiten war er zu seiner hohen Stellung gelangt. Es entspricht
daher seiner philosophischen Lebensmaxime, wenn er an
die Spitze seiner philosophischen Lehre den Satz stellt: Wissen
ist Macht. Ihm ist das Wissen nicht Selbstzweck wie einem
Giordano Bruno oder den Deutschen Träumern, die darum zeitlebens
arm und machtlos blieben; das Wissen ist nur ein Mittel
zum Zweck, und er tadelt scharf die Unfruchtbarkeit der bisherigen
Wissenschaft. Diese, sagt er, war in ein Kloster gesperrt
und unfruchtbar wie die gottgeweihten Nonnen. Die Bücher-
und Stubengelehrsamkeit verachtet er, und er verlangt von der
Philosophie^ daß sie mitten im Leben und womöglich auf der
Höhe desselben stehen solle. Er ist somit der erste Verfechter
des Utilismus, der die englische Wissenschaft noch heute beherrscht.
Allein seine Auffassung hat nichts kleinliches an sich, er meint
damit nicht den unmittelbaren Nutzen, sondern seine Philosophie
will einen höhern Gesichtspunkt geltend machen: den der-
Kultur. Die Philosophie soll dazu dienen, die Natur der
Menschheit zu unterwerfen. Dasfelbe bezwecken schließlich auch
die Rosenkreuzer, nur verstrickten sich diese in die Abgründe
einer fehlerhaften, abstrusen Methode, während Bacon mit der
Klarheit eines Hellsehers den richtigen Weg wies. Das einzige
Mittel zu fruchtbarer Erkenntnis der Natur ist die Erfahrung,
und diese Erfahrung gewinnt man durch das Experiment. Denn
jede andere Erfahrung ist zufällig, während der Beobachter im
Experiment ein untrügliches Mittel hat, die Natur zu zwingen,
auf seine Fragen zu antworten. Er ist der erste gewesen, der
auf die induktive Methode hingewiesen hat. Er hat damit auch

1 Liebig, Über Fr. Bacon und die Methode der Naturforschung. München
1863. Dagegen Windelband 1. e, I, 133.


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