http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0073
DIE GEHEIMEN GESELLSCHAFTEN IM 17. JAHRHUNDEBT. 67
Gesellschaft übte Toleranz in religiöser Beziehung aus und sah,
wie der vorhergenannte Fürst meinte, nicht darauf, welcher Konfession
ein Mitglied angehörte, als vielmehr, ob er ein guter
Christ wäre*1 Andreae versichert denn auch in seinem Antwortschreiben
vom 17. Dezember 1646, daß er gemäß den Satzungen
der Gesellschaft sich zur Erforschung der christlichen Wahrheit,
zur Besserung des sittlichen Lebens, zur Pflege und Kultur des
Geistes und zum Ausbau der Literatur und zur Pflege der
deutschen Muttersprache verpflichten wolle; auch versprach er,
sich friedfertig, gefällig und fügsam (mit Vorbehalt seines Religionsbekenntnisses
) zu erweisen.2 Also steckte sich diese Gesellschaft
ein höheres Ziel als die Verbesserung der deutschen
Sprache.
Dagegen gründete der Freund des Andreae Joachim Jungius
in Rostock 1662 eine Gesellschaft, die eine streng wissenschaftliche
Richtung einhalten sollte8, indem die Statuten als ihr Hauptzweck
„die Erforschung der Wahrheit aus der Vernunft und der
Erfahrung" hinstellten. Diese Gesellschaft kann insofern als
eine geheime bezeichnet werden als Artikel 17 der Statuten
ausdrücklich verbietet, die Gesetze und Einrichtungen des Vereins
Nichtmitgliedern bekannt zu machen. Wie man denn im
Mittelalter und noch lange nachher die Wissenschaft, Künste
und Technik als Geheimnis bewahrte.4 Jungius war mit einer
Anzahl trefflicher Männer in herzlicher Freundschaft verbunden.
Sie alle beseelte Begeisterung für die echte Wissenschaft, aber
auch warme Hingebung für die reine christliche Lehre im Sinne
der „Nachfolge Christi". Wie sehr beklagte er nicht die Seltenheit
frommer Männer; „den Terenz und Cicero", sagte er, „lernen
sie nachahmen, Christum aber nachahmen lernen sie nicht."5
Auch sein Freund Andrew trug sich mit dem Gedanken der
Gründung einer Verbrüderung für wahres Christentum und wahre
1 1. c. p. 90. * 1. c. p. 209. Keller L c. 23.
3 Guhrauer 1. c. 69 ff.
4 Goethe, Ausgabe letzter Hand, Band 53 p. 110 ff. 54 p. 44.
5 Gruhrauer 1, c. p. 68*.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0073