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DEITTES KAPITEL.
eine Wechselwirkung zwischen der Insel und dem Festlande;
bald ist England der empfangende, bald der gebende Teil. Am
Anfange des 17. Jahrhunderts lebten in England eine Anzahl
Deutscher, die zu Vermittlern zwischen Deutscher und Englischer
Kultur wurden. Eine höchst interessante Persönlichkeit ist
Samuel Hartlib,1 der Sohn eines reichen Kaufmannes in Elbing
und einer Engländerin. Handelsgeschäfte führten ihn nach England
, wo er seit 1628 bis zum Tode, 1662 lebte und wirkte.
Er gehört zu jenen ideal gesinnten Männern, die ihre eigenen
Angelegenheiten aufopfern, um der Mitwelt zu dienen. Er ist
begeistert für die von ihm erwählte Aufgabe zu wirken und
die Kultur zu fördern. Unbeirrt von nationalen und religiösen
Vorurteilen wollte Hartlib nichts sein, als ein Mensch, für die
Menschheit, die Hebung materieller und moralischer Kultur
unablässig arbeiten. Bewunderungswürdig ist seine riesige Arbeitskraft
und die Vielseitigkeit seiner Interessen. Er pflegte eine ausgedehnte
Korrespondenz mit Beale, Boyle, Duraeus, Milton,
Comenius und vielen andern, worin er über alles mögliche Auskunft
erteilt. Der eine fragt ihn über jüdische Antiquitäten,
der andere wünscht seine Meinung über die Judenfrage zu hören;
Mercator bestürmt ihn mit astronomischen Fragen, Frankenberg
sendet ihm apokalyptische, mystische Erörterungen, damit er sie
dem Comenius mitteile u. s. w. Auch mit Jungius unterhielt er
intime Beziehungen. Daneben war er literarisch tätig und
schrieb u. a. einen utopischen Eoman. Hierin schildert er ein
glückseliges Königreich Macaria, in welchem alle Kräfte der
Hebung der Kultur gewidmet sind. Etwa seit 1631 trat er zu
Comenius in nähere Beziehung und machte begeistert Propaganda
für dessen Pansophie, ja er stellte ihm eine staatliche Unterstützung
von 1000 Pfund jährlich in Aussicht. Endlich gelang
1 Über Hartlib gab A.Stern in der A. Deutschen Biographie x, 672 f. einige
Notizen. . Dann publizierte Fr. Althaus eine ausführliche Lebensbeschreibung
in Räumers Taschenbuch 6 Folge III, 1884, p. 189—278, Zahlreiche
Ergänzungen aus Handschriften liefert Kvacsala 1. c. Vgl. auch ßege-
raann im Mecklenburger Logenblatt 1895 nr. 7. p. 61. ff.
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