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FÜNFTES KAPITEL.
Die Bauhütten und Werkmaurerlogen in England.
Die romano-germanischen Völker bildeten im Mittelalter eine
große Familie. Sie alle besaßen dieselben staatlichen und kirchlichen
Verfassungen, dieselben wirtschaftlichen Zustände, die
gleiche Bildung und dieselben Sitten und Gebräuche, nur daß
sich allmählich in den verschiedenen Ländern Abweichungen entwickelten
, je mehr die nationale Individualisierung Fortschritte
machte. So finden wir denn auch in England das Genossenschafts-
prinzip reich ausgebildet. Als Handelsgenossenschaften hießen diese
Vereine ursprünglich Gilden, als Handwerkergenossenschaften
Grafts, Mysteries oder Compagnies.1 Ihre Mitglieder nannten
sich Brüder und Schwestern. Ihnen allen wohnt ein stark
religiöses Element inne, und sie besitzen eine große erzieherische
Eigenschaft. Sie führten u. a. Schauspiele auf, worin die Laster
und Sünden verspottet und die Tugenden gepriesen wurden.
Es existieren Verordnungen, wie man sich bei Mahlzeiten und
Trinkgelagen zu verhalten habe. Keiner soll in einem unanständigen
Kleide oder barbeinig und barhaupt in den Versammlungen
erscheinen, keinen Lärm machen, nicht schlafen etc*
Die Könige haben diese Verbindungen mit Argusaugen überwacht
und sie zuweilen zu unterdrücken gesucht, allein alle
polizeilichen Verbote waren vergebens. Je mehr sich das Gewerbewesen
entfaltete, um so mehr wuchs die Bedeutung der
1 Siehe K. Hegel, Städte und Gilden. Leipzig 1881. 2 Bände.
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