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DIE BAUHÜTTEN* UND WERKMAUREKLOGEN IN ENGLAND. 97
Zünfte, und es ist ganz begreiflich, daß anfangs die Stadtobrigkeit
sie mißtrauisch im Auge behielt.1 Seit dem Ende
des 14. Jahrhunderts wurden sie aber ein organisches Glied der
Stadt Verfassung, und vielfach bestand nun der städtische Rat
aus den erwählten Vertretern der Gilden. Und dieses Gildenwesen
blieb auch in den folgenden Jahrhunderten in seinen
Grundzügen bestehen, nur waren die staatlichen Behörden jederzeit
darauf bedacht, Auswüchse zu beschneiden. Die englischen
Zünfte haben nie den Grad der Selbständigkeit erreicht, den
die Deutschen erlangt hatten. Immer war für sie die Stadtbehörde
die wichtigste Autorität. Bürgermeister und Rat hatten
das Recht und die Pflicht, die Meister sowohl als die Mitglieder
der Gewerke, einen jeden nach seinem Verhalten und Vergehen,
zurechtzuweisen, zu strafen und mit Bußen zu belegen- Und
diese Autorität wurde im Laufe der Zeit noch durch eine Reihe
von Gesetzen erweitert und verstärkt, die den Bürgermeistern
die Befugnis zuerkannten, als Friedensrichter und Schiedsrichter
in den Streitigkeiten unter den Arbeitern aufzutreten. Bei
öffentlichen Aufzügen waren alle Genossenschaften verpflichtet,
sich dem Bürgermeister anzuschließen. Die neugewählten Meister
und Vorsteher mußten jährlich einmal vor dem Bürgermeister
erscheinen und ihm den Eid leisten, daß sie die von den städtischen
Behörden gebilligten Verordnungen ausführen und nichts gegen
den Landfrieden und die Ruhe und Sicherheit des Königs oder
der Stadt unternehmen wollten. Jeder neue Lehrling mußte
den Stadtkämmerern vorgeführt und sein Lehrbrief in deren
Gegenwart eingetragen werden; nach Ablauf seiner Lehrzeit
(von meist sieben Jahren) hatte er wieder vor den Stadtkämmerern
zu erscheinen, um, nachdem er in seiner Zunft das
Meisterrecht erworben hatte, zum Bürgerrecht zugelassen zu
werden. Doch alle Einschränkungen taten ihrer Wichtigkeit
1 W. J. Ashley, Englische Wirtschaftsgeschichte. Übersetzt von
E. Oppenheim. Leipzig 1896. 2 Bände. Besonders Band II, 22 ff. 69 ff.
kommt für uns in Betracht.
H. Boos, Geschichte der Freimaurerei. 7
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