http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0153
DIE ENTSTEHUNG DER GROSSLOGE IN ENGLAND. 147
ungeahnten Aufschwung. Im Gründungsjahr war die Anzahl der
Teilnehmer gewiß nur gering, denn jede der vier Logen zählte
durchschnittlich blos ca. 15 Personen und darunter kaum eine
von Bedeutung, sonst wäre nicht Anthony Sayer1 zum ersten
Großmeister gewählt worden. Als dann 1719 Desaguliers zum
Großmeister gewählt wurde, mußte Sayer sich mit der Stelle
des altern Großaufsehers begnügen. Sayer gehörte der Loge
Nr. 3 an und hat 1722 als deren älterer Aufseher die Genehmigung
der ersten Ausgabe von Andersons Konstitutionenbuch mit unterschrieben
. Er war eine ganz unbedeutende Persönlichkeit und
befand sich in unsicherer Lebensstellung, so daß er mehrmals
die Großloge um Unterstützung nachsuchen mußte, die ihm auch
zugebilligt wurde. Kurz vor seinem Tode 1741 finden wir ihn
gar als gewöhnlichen Türhüter einer Loge.
Im Gründungsjahr 1717 waren Payne, Desaguliers und
Anderson noch nicht Mitglieder der Großloge, geschweige denn
Adelige. Ein klassisches Zeugnis für den ganz geringfügigen
Anfang der neuen Maurerei bietet das erwähnte Tagebuch des
Dr. Stukeley, der am 6. Januar 1721 zusammen mit Mr. Collins
und Kapitän Howe zum Freimaurer aufgenommen wurde: „Seine
Neugierde veranlaßte ihn, sich in die Geheimnisse der Maurerei
einweihen zu lassen, da er die Überbleibsel der Geheimnisse
der Alten darin vermutete. Ich war der erste, der seit vielen
Jahren in London zum Freimaurer gemacht wurde. Wir hatten
große Schwierigkeiten, Mitglieder genug zu finden, um die Förmlichkeit
zu vollziehen; unmittelbar darnach kam die Sache in
Mode, die sich nicht allein über Britannien und Irland, sondern
auch über ganz Europa verbreitete." 2 Und nun halte man die
Tatsache fest, daß nach den alten Vorschriften der Werkmaurerlogen
mindestens fünf „Genossen" zu einer Aufhahmeloge genügten
. In der Außenwelt wußte man von der Existenz der
Großloge nichts, erst seit 1721, nachdem ein sehr vornehmer
1 Gonld 1. c. IV, 342, 346 f. 377, 387.
* Gould 1. c. IV, 284. Ars Quatuor Coronatorum IV. 130.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0153