http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0195
DIE FREIMAUREKEI IN FRANKREICH.
189
„Nach den seit unvordenklichen Zeiten bei den Freimaurern be*
obachteten Gebräuchen gab es Zwischenzeiten zwischen jedem
Grade, den man im Orden erreichte. Wenn man zum Lehrling
aufgenommen war, blieb man auf dieser Stufe drei oder vier
Monate; dann wurde man zum Gesellen aufgenommen und sechs
Monate später zur Meisterschaft zugelassen. So hatte man Zeit,
sich zu unterrichten, und wenn man beim letzten Grade angelangt
war, war man mehr im Stande, ihn mit Würde zu behaupten,
Die Französische Lebhaftigkeit hatt alle diese Fristen nicht
ertragen können; man wollte in einem Augenblick alle die verborgensten
Geheimnisse durchdringen; und es haben sich Logen-
Meister gefunden, die aus Gefälligkeit die Schwachheit gehabt
haben, dem stürmischen Verlangen der Aufzunehmenden ehrwürdige
Gebräuche zu opfern, die ihre Weisheit und ihr Alter
vor jeder Verführung hätte sicher stellen sollen. Aber das
Übel ist geschehen, und dies ist noch das Geringste, was die
Freimaurer-Brüderschaft zu erleiden gehabt hat, seit sie in
Frankreich errichtet ist."1 Wir finden Stuhlmeister, die für ihr
Amt ganz unfähig und unwürdig waren. Wirten wurden Patente
gegeben zur Errichtung von Logen und diesen Leuten lag
natürlich daran, recht viele Gäste zu bekommen. Die Gründung
von Logen wurde geradezu ein Geschäft. Mit aller Schärfe
tadelten die damaligen freimaurerischen Schriftsteller diese Auswüchse
des Logenwesens. So sagt der Sceau rompu p. 23:
„Die Schwäche oder die Gefälligkeit, ein niederes Interesse,
ein unbesonnener Eifer und andere noch weniger entschuldbare
Motive haben ohne Unterschied und ohne Wahl eine unendliche
Menge von Leuten zugelassen, die die Freimaurerei verunehren,
und es ist zu fürchten, daß sie, ähnlich wie Rom, erliegen wird
unter dem Gewicht nicht ihrer Größe, sondern ihrer zu großen
Ausdehnung." Ähnlich sprechen sich andere aus. Den Fehler
erkennen, heißt ihn auch verbessern. Der Verfasser des Ordre
trahi, welcher der Freimaurerei den Untergang prophezeit, im
1 41 ff.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0195