http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0217
DIE ENTARTUNG DEE FREIMAUREREI IM 18. JAHRHUNDERT. 211
Auch in Genf verbreitete sich die Englische Freimaurerei
schon früh seit 1736/ und von da aus im Waadtlande. Während
die Schweiz politisch wie geistig im 17. und 18. Jahrhundert
ganz unter Französischem Einfluß stand, erhob sich gegen diese
zunehmende Verwelschung in Zürich und Basel, aber auch in
Bern, starke Opposition, die aus dem Studium der Englischen
Literatur Nahrung saugte. An den Englischen Dichtern bildete
der große Albrecht von Haller seinen Geist, und die Englischen
Wochenschriften fanden in der Schweiz zahlreiche Nachahmungen,
wie die schon erwähnten „Discourse der Maler." Durch dieses
Studium der Englischen Moralphilosophie und der Englischen
Dichtung wurde der vaterländische Sinn mächtig geweckt und
ein neuer Geist zog in die Städte des Schweizerlandes ein.
„Glaube, Tugend, Gott, Unsterblichkeit, Freiheit, Vaterland
geben die ernsten Grundtöne einer neuen Poesie in einer neuen,
bisher nicht gehörten, kraftvollen, gedankenreichen, gedrungenen
Dichtersprache."2 Diese Ideale waren auch die der Freimaurerei,
kein Wunder, wenn man ihr sympathisch entgegenkam. Aber
es stellten sich ihr in den vom engherzigen und mißtrauischen
Geist geleiteten städtischen Republiken viel größere Schwierigkeiten
entgegen, als in den meisten monarchischen Ländern.
So erließ am 7. März 1738 der Senat der freien Hansastadt
Hamburg ein Dekret, daß „Ein Hoch weiser Rat die Gesellschaft
der Freymaurer hier gänzlich supprimiert wissen wolle."5 Doch
gelang es dem Senator Scheel, dieses Verbot wieder zu beseitigen.
In der Schweiz hingegen mußten die Freimaurer um ihre Existenz
schwer kämpfen, ein Kampf, der allgemeineres Interesse hat.
Der aufgeklärte Despotismus hatte wenigstens den guten
Willen, das Wohl des Volkes zu fördern und zu diesem Zweck
sah er in der Freimaurerei ein treffliches Hilfsmittel. Dagegen
pochten die Schweizerischen Aristokratieen auf ihre von Gott
1 EL Boos, Handbuch p. 311 ff.
2 J. Bächtold, Geschichte der Deutschen Literatur in der Schweiz.
Frauenfeld 1892 p. 480.
* C. Bröcker, Die Freimaurer-Logen Deutschlands, Berlin 1894 p. 411.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0217