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ACHTES KAPITEL.
Freimaurerei gemacht, indem er durch seine Rede im Jahre-
1740 die Entstehung der Rittergrade verursacht haben soll.
Die Jesuitenriecherei ist nicht erst eine Erfindung der Neuzeit.1
Schon im 18. Jahrhundert traute man den Jesuiten, namentlich
nach der Aufhebung ihres Ordens, alles zu. Sie sollen den
Freimaurerorden gestiftet oder ihn für ihre Zwecke umgemodelt
haben; die Rosenkreuzer arbeiteten für sie wie auch Schrepfer
und Cagliostro. Auch Ramsay soll ihr Werkzeug gewesen sein.
Ramsay war um 1680 in Schottland geboren. Er studierte
Mathematik und Theologie und diente dann in den Niederlanden
im Englischen Heer. Hier hörte er von dem berühmten Erz-
bischof von Cambray, Fenelon. Die Begierde, diesen edlen
Mann kennen zu lernen, veranlaßte ihn 1710 nach Cambray zu
reisen, und bald entstand zwischen beiden Männern ein sehr
intimes Verhältnis. Nach dem Tode Fenelons ging Ramsay nach.
Paris, wo er zuerst Erzieher des Grafen von Chateau-Thierry
war und später seinen Studien lebte. Philipp von Orleans, der
Prinz-Regent, nahm ihn als Ritter in den Orden des h. Lazarus
auf. In Paris schrieb er 1723 das Leben Fenelons, das die
Aufmerksamkeit Jakobs III. erregte, der ihn zum Gouverneur
des Prinzen Karl Eduard Stuart ernannte (1724—1725). 1730
wurde er Mitglied der Royal Society in London und Doktor der
Rechte zu Oxford. Er verheiratete sich darauf mit einer reichen
Engländerin und wurde Hofmeister des Prinzen von Turenne.
Er stand mit Racine in Korrespondenz und war überhaupt in
der Gesellschaft ein geachteter und angesehener Mann.
Man klagt ihn ganz allgemein der Zuneigung zum Hause
Stuart und des Abfalls vom protestantischen Glauben an. Allein
das erste ist nicht erwiesen, denn sonst würde er schwerlich
den Doktorgrad in Oxford erhalten haben, und was den zweiten
Punkt betrifft, so darf man den Übertritt Ramsays zum katholischen
Glauben nicht zu hart beurteilen. Die Glaubenskraft
1 Namentlich E. Sierke, Schwärmer und Schwindler zu Ende des
18. Jahrhunderts, Leipzig 1874 ist stark darin.
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