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DIE ENTARTUNG DER FREIMAUREREI IM. 18. JAHRHUNDERT. 231

hin erzogenen Menschen konnte die einfache prunklose Johannis-
maurerei, die in erster Linie auf das Gemüt wirken soll, nicht
genügen; sie lechzten nach Unterhaltung und Aufregung, und
darum eben wurden Grade geschaffen, in denen Glanz und Pomp
entfaltet werden konnte. Der Abstand zwischen Adel und Bürgertum
war in Deutschland nicht minder groß als in Frankreich,
das mußte nicht nur Werther, sondern Goethe selbst in Weimar
bitter an sich erfahren. Erst als ihm sein fürstlicher Freund
durch Kaiser Joseph IL den Adel verschaffte, galt er als
vollkommen gesellschaftsfähig. Er beurteilt dies mit der ihm
eigenen Großartigkeit.1 „Ich hatte," sagte er zu Eckermann,
„vor der bloßen Fürstlichkeit als solcher, wenn nicht zugleich
ein tüchtiger Menschen wert dahintersteckte, nie viel Respekt."

Die Freimaurerei fordert die Gleichheit aller Brüder in der
Loge. Allein anstatt daß der Französische und Deutsche Adlige
beim Eintritt in die Loge den Degen ablegte, wie es in England
Gebrauch war, wurde dem Bürgerlichen der Degen in die Hand
gegeben. Alle waren dadurch Ritter und folglich alle gleichen
Standes. Man erfand eine fabelhafte Geschichte des Tempelherrenordens
, der keineswegs, wie die Uneingeweihten glauben,
erloschen sei, sondern im verborgenen in Schottland fortlebte.
Es gibt eine Reihe von Varianten dieser Erzählung, von denen
die von der Großen Landesloge in Berlin bevorzugte die absonderlichste
ist. Es wäre wirklich überflüssig, ein Wort über
diese Fabeleien zu verlieren, da ja jetzt die Geschichte des
Tempelherrenordens dokumentarisch klar gestellt ist.2 Immerhin
ist es doch merkwürdig, daß ein so scharfer kritischer Kopf wie
Lessing sich irreführen ließ.

1 Wie kleinlich erscheint dagegen Herder, der zwar oft genug seine
bittere Galle über den Adel ergoß, bei der ersten Gelegenheit jedoch gierig
nach dem Adelsdiplom haschte. Wer damals in der vornehmen Gesellschaft
verkehren wollte, mußte vom Adel sein. Aber heutzutage ist es
lächerlich, von einem Fr. von Schiller, Johannes von Müller zu reden.

* S. K. Schottmüller, Der Untergang des Templer-Ordens. Berlin 1887.
2 Bände. J. Gmelin, Schuld oder Unschuld des Templerordens. Stuttgart
1893.


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