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'DIE ENTARTUNG DER FREIMAUREREI IM 18. JAHRHUNDERT. 247
gespannte Erwartung zu beseelen." Auf die Vorwürfe Bodes
meinte Schubart, daß er mit Absicht große Erwartungen erwecken
wolle, um Begierde zum Avancement einzuflößen. „Es
kömmt mir vor," fügt Bode hinzu, „als ob nachher alle aufgetretenen
Lehrer neuer Ordensgeheimnisse eben diese Ver-
fahrungsart adoptiert haben und daß sie, weil sie wissen, daß
sie zu Personen reden, die an eine symbolische Sprache gewöhnt
worden, ihr Arcanum, welches sich nach meiner festüberzeugten
Meinung auf bloße historische Facta reduzieren muß, in eine
solche mystische Sprache einkleiden, wohinter man Gott weiß,
was für Geheimnisse vermuten kann, die sie aber am Ende
zu unserer großen Verwunderung sehr simpel erklären würden,
wenn es zur gemeinen buchstäblichen Explikation käme."
Wie meisterhaft Schubart zu flunkern und empfängliche Gemüter
einzuspinnen verstand, zeigt sich aus seiner Korrespondenz
mit Dr. Diethelm Lavater, Präfekten der rektifizierten Loge Mo*
destia in Zürich, einem begeisterten Freimaurer, der aber nie
sich zur vollen Klarheit ihres Zweckes durchringen konnte.1
Am 18. Juli 1772 spricht sich Schubart über die verschiedenen
Fragen und Zweifel Lavaters scheinbar offen aus. „Ehe ich das
Svstem des Freimaurerordens kennen lernte, hatte ich 23 teils
in Frankreich, teils in Schweden, teils durch andere fruchtbare
Genies erfundene Grade erhalten, die sich teils mit mystischen,
teils mit alchemistischen Dingen, teils mit ßeligions-Meinungen
*
entwickelten; aber alle waren lächerlich, teils ohne Fonds und
Zweck, einige aber gefährlich. Die Freimaurerei ist einmal da,
sie hat eine Menge Leute teils zum Narren, teils arm gemacht,
die was anderes darinne gesucht haben, was nicht darinne gewesen
und nie darinne zu finden sein wird. Man hat daher
für gut befunden, rechtschaffenen Leuten das wahre Geheimnis,
nämlich Entwickelung und Geschichte zu eröffnen, teils damit
sie nicht auf Irrwege geraten, teils damit, wenn in der Freimaurerei
die Brüder moralisch gebildet werden, und alle ordent-
1 Vgl. Boos, Handbuch p. 334 ff.
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