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DIE ENTARTUNG DER FREIMAUREREI IM 18, JAHRHUNDERT. 267
sollte er mit zwei andern aufgenommen werden unter dem Titel
eines Obersten des 3. Brandenburgischen Regiments und mit ihm
seine Frau, der man aus Galanterie den Vortritt gab. Seine
Aufnahmezeremonien dauerten länger, denn er wollte für die
von ihm einbezahlten fünf Guineen auch etwas haben. Die
Proben, denen man ihn unterwarf, waren etwas roh. So wurde
er an einem Strick in die Höhe gehoben und dann unsanft fallen
gelassen, so daß er sich die Hand verstauchte. Dann sollte er
sich mit einer angeblich geladenen Pistole mit verbundenen
Augen vor den Kopf schießen; anfangs weigerte er sich energisch,
schließlich willigte er ein; er schoß, hörte einen Knall und erhielt
einen Stoß; alles war nur ein Theatereffekt. Kurz darauf
verließ er London ohne seine Schulden zu bezahlen.
Er war jetzt entschlossen sein Glück zu schmieden und dazu
sollte ihm die edle Freimaurerei dienen. Freilich die wahre
Freimaurerei kannte er nicht, denn da er kein Mann von Ehre
und gutem Ruf war, so blieben ihm die Pforten einer „gerechten
und vollkommenen Loge" verschlossen, aber die Aftermaurerei
der Hochgradlogen war für ihn ein vorzügliches Mittel, seine
Netze auszuspannen, um reiche Gimpel zu fangen. Noch in
England erfand er ein neues System, den ägyptischen Ritus.
Er will diese Idee Papieren entnommen haben, die von einem
gewissen Georg Capston oder Kofston herstammen sollten. Doch
fand er es dann effektvoller, den Ursprung auf Elias und Henoch
zurückzuführen, die das Geheimnis den ägyptischen Priestern
gelehrt hätten, von denen er es selbst erfahren hätte, als er in
Ägypten weilte. Um diesen Schwindel glaubwürdig er zu machen,
verwirrte er seine Lebensgeschichte in einen tollen Roman,1
wonach er, der Sprößling eines mächtigen Fürsten, in Medina
auferzogen worden sein soll. Aber das genügte ihm noch nicht.
Er gab sich für einen Sendboten des Propheten Elias oder des
Großkophta aus, ja für den Großkophta selbst und legte sich
zuletzt göttliche Abstammung bei.2 Darum kam es nicht so viel
1 Memoire de Cagiiostro 1786.
2 Elise von der Recke, Nachrichten von des berüchtigten Cagliostros
Aufenthalts in Mitau im Jahr 1777. Berlin und Stettin 1787.
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