http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0284
278
ACHTES KAPITEL.
Aber die Lage Cagliostros gestaltete sich in England schlimm,
denn der Halsbandprozeß hatte seinen Ruf unwiederbringlich zerstört
und namentlich fehlte ihm sein Gönner, Freund und Schatzmeister
Rohan. Vergebens versuchte er es mit seinen alten
Kunststücken, niemand glaubte mehr daran- Er behauptete das
Meerwasser in Öl verwandeln zu können und wollte damit London
erleuchten; man lachte ihn aus. Sogar die Freimaurer ließen
ihn im Stiche. Er besuchte die Loge „Antiquite" in der Hoffnung
wie einst gefeiert zu werden, aber welche Enttäuschung,
als ihn ein Bruder in Versen arg verhöhnte. Diesen Abfall
seiner Getreuen hatte er einem Manne zu verdanken, der gleich
wie er ein Lump war, aber ein großes Talent als Preßkosak
besaß, Theveneau de Morande. Dieser wußte sich durch Verbreitung
schmutziger Geschichten über bekannte Persönlichkeiten,
Prinzen, Minister, Literaten etc. Geld zu verschaffen, auch
leistete er dem Französischen Minister, dem Grafen von Vergennes
Spionendienste, und als der Amerikanische Krieg ausbrach, gründete
er eine vom Französischen Ministerium subventionierte Zeitung
in London, den Courier de l'Europe (1777—1789). Da Cagliostro
der Französischen Regierung auch in England lästig war, kaufte
sie die Feder Morandes, um ihn unmöglich zu machen, und dieser
vollzog seinen Auftrag mit überraschendem Geschick. So erschien
im Courier de l'Europe ein Apercu sur les voyages du sieure
Cagliostro avant son arrivee en France, der der Wahrheit meist
nahe kam und die Schwindeleien Cagliostros schonungslos aufdeckte
. Vergebens wehrte sich dieser und leugnete jede Identität
zwischen Joseph Balsamo und dem Grafen von Cagliostro, zwischen
der Gräfin Serafina und Lorenza Feliciani ab. Aber obgleich die
Feinde des Französischen Hofes und viele Billigdenkende Partei
gegen den literarischen Bravo nahmen, so daß Morande es für
gut fand, seine Polemik gegen Cagliostro einzustellen, so fühlte
sich dieser doch tief ins'Herz getroffen und der Verzweiflung
nahe, da er sich seiner Gläubiger nicht mehr erwehren konnte.
Vergebens erließ er am 2. November 1786 einen Aufruf an alle
wahren Maurer, um mit ihnen im Namen Jehovas den neuen
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0284