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ACHTES KAPITEL.
kam nicht zustande und Forster warf sich mit Sömmering 1780
dem Rosenkreuzerzirkel in die Arme, und auch Johannes Müller
machte alle diese Torheiten mit. Sie glaubten fest an die
Möglichkeit des Goldmachens und beschäftigten sich mit alche-
mistischen Experimenten. Wie alle, die sich in solche Torheiten
eingelassen haben, wurden sie betrogen und gerieten in böse
Schulden. Sie glaubten auch, daß es möglich sei mit den Toten
zu verkehren und dadurch Kenntnis überirdischer Dinge zu erlangen
. Das Schlimmste war jedoch, daß sie in einen exaltierten
Zustand religiöser Schwärmerei gerieten. Wie es im Rosen-
kreuzerorden üblich war, führte jedes Mitglied einen Ordensnamen
; Forster hieß Amadeus. Endlich 1783 erwachten sie
aus dem Taumel und sie lösten sich aus dieser gefährlichen.
Gesellschaft. Forster enthüllte seinem Freunde Johannes Müller,
der schon im Sommer 1783 Kassel verlassen hatte, um in die
Schweiz zurückzukehren, seinen innersten Gemütszustand.1 „Das
ist gewiß die höchste Wahrheit," schrieb er am 20. Dezember,
„immer die Gegenwart des lieben Schöpfers vor Augen zu
haben! Lassen Sie, mein Bester, sich immer dies und die
Liebe des Gekreuzigten genügen und trachten Sie nicht nach
hohen Dingen. Wissen macht nicht glücklich, auch selbst göttliche
Weisheit nicht ohne die Liebe, wie 1. Corinth. 13 steht.
Dabei bleiben Sie bei Ihrem Entschluß, geheime Gesellschaften
und Wissenschaften nicht zu suchen. Ich lasse die Frage unentschieden
, ob es wahre geheime Wissenschaft gebe oder nicht;
aber das ist doch ausgemacht, daß das Meiste, was von dieser
Art in der Welt herumgetragen wird, falsche Vorspiegelung,
Lug und Trug, oder, wenn wir das Gelindeste glauben, fromme
Selbstverblendung ist. Wenn der Glaube, auf den so viel, ja
alles ankommt, nicht Ergebung und liebevolles Vertrauen auf
das Dasein und die Güte Gottes wäre, wenn dazu gefordert
würde, Dinge für wahr zu halten, die, wenn sie auch wahr
wären, doch unmittelbar keine Beziehung auf unsere Seligkeit
haben, dann stünde es wahrlich übel um alle diejenigen, von
1 G. Forsters sämtliche Schriften VIT, 210 ff.
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