http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0298
ACHTES KAPITEL.
er bald einen außerordentlichen aber verderblichen Einfluß übte,
namentlich seitdem er ihn von einer schmerzhaften Krankheit
geheilt hatte.
Mit Bischoffswerder war aufs engste Johann Christoph von
Wöllner (1732—1800) verbunden. Der Sohn eines märkischen
Landpfarrers, studierte er in Halle Theologie und erhielt hier
durch Baumgarten und Wolf die rationalistische Richtung. Seine
Predigten sind denn auch erfüllt von seichter Aufklärung ohne
Spur von Herzenswärme. Das einzige Ziel dieses Kandidaten
war, sein Glück zu machen und sich auf die Höhen der Gesellschaft
hinaufzuschwingen. Als Hofmeister in die Familie des
Generalmajors von Itzenplitz auf Groß-Behnitz eingeführt, wußte
er die gnädige Frau und ihre Tochter ganz für sich einzunehmen,
die er dann nach dem Tode des Generals heiratete, zum großen
Ärger Friedrichs des Großen, der sein Gesuch um Erteilung
des Adels mit der Randbemerkung ablehnte: „Der Wöllner ist
ein betriegerischer und Jntriganter Pfafe." Wöllner widmete
sich dem Studium der Theorie des Ackerbaues und schrieb zahlreiche
Artikel in Nicolais „Allgemeiner deutscher Bibliothek."
In Berlin war er 1766 Mitglied der Loge zur „Eintracht" geworden
und bald darauf zur strikten Observanz übergetreten.
So wußte er sich nach allen Seiten hin einflußreiche Verbindungen
zu sichern. Es gelang ihm 1770 Kamm errat des
Prinzen Heinrich zu werden und ließ sich nun in Berlin nieder.
Im Gegensatz zu dem mystisch beanlagten Bischoffswerder war
Wöllner ein nüchterner Verstandesmensch und ein Gefolgsmann
des Aufklärers Nicolai. . Wenn er dessenungeachtet sich dem
System der strikten Observanz zuwandte und in der Großloge
„zu den drei Weltkugeln" bald eine große Rolle spielte, so sind
hiefür nur egoistische Gründe maßgebend gewesen. Er hatte
Bischoffswerder kennen gelernt und war durch diesen in die
Geheimnisse der Rosenkreuzerei eingeführt worden (sein Ordens*
namen war Heliconus, Ophiron etc.). Er gehörte der rosenkreuzer-
ischen Loge „Friedrich zum goldenen Löwen" als Redner,
Meister und Zirkeldirektor an.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/boos1906/0298