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DIE ENTARTUNG PER FREIMAUREREI IM 18. JAHRHUNDERT. 297

unzufrieden war, daß er nicht sogleich zum leitenden Minister
ernannt wurde, sondern nur die Leitung der Finanzangelegen-
heiten erhielt. Wöllner, persönlich von Friedrich dem Großen*
beleidigt, atmete nur Haß und Rachsucht gegen diesen und tat
alles, um das Andenken des großen Königs zu verunglimpfen.
Scharfe Kritik wurde daher an der neuen Regierung geübt,
namentlich gerechtes Aufsehen erregte das zweibändige Buch
von Mirabeau, Histoire de la Cour de Berlin 1789, denn dieser
war ein Beobachter allerersten Ranges. „Was wird," sagt er
im Hinblick auf Bischoffswerder und Wöllner, „das Schicksal
eines Landes sein, in das die Priester, die Visionäre und Buhlerinnen
sich teilen werden?" Er sah scharf die Fäulnis vor der
Reife und sagte prophetisch den Umsturz voraus. Aus Haß
gegen Friedrich den Großen erklärte Wöllner der Aufklärung
den Krieg. Freilich der geistesöde Rationalismus der protestantischen
Kirche, die banale Freigeisterei und eine tiefgreifende
Unsittlichkeit forderte die Reaktion gegen die herrschende Geistesrichtung
heraus. Allein der Ingrimm Wöllners gegen diese
Schäden entsprang nicht sittlichen Motiven, sondern die von
ihm herbeigeführte Reaktion sollte lediglich seiner Herrschsucht
dienen, und hiefür benützte er des Königs Neigung zur mystischen
Frömmelei. Mit Hilfe seiner Ordensfreunde setzte er es beim
König durch, daß er am 3. Juli 1788 zum Wirklichen Geheimen
Etats- und Justizminister und zum Chef des Geistlichen Departements
in allen lutherischen Kirchen-, Schul- und Stiftssachen
ernannt wurde. Wenige Tage darauf erschien am 9. Juli das
berüchtigte Edikt über das Religionswesen, am 19» 13 ez e oi ber
das über die Bücherzensur etc. Wöllner war allmächtig, allein
es war die traurige Herrschaft „gewissenloser Intriganten, kläglicher
Mittelmäßigkeiten und eitler Genußmenschen."

So weit war die Verirrung gediehen, daß die Freimaurerei,
die ja ursprünglich Politik und Religion grundsätzlich aus ihrem
Tempel verbannte, nun zur Basis eines politischen und kirchlichen
Systems gemacht wurde. Nun tauchte ein neues Projekt
auf, um den Lieblingstraum des 18. Jahrhunderts zu verwirklichen


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