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DER EINFUJSS DER FREIMAUREREI AUF DIE GEISTIGE KULTUR» 327
gesiedelt war, über die Vorgänge in der Loge Amalia zu Weimar
unterrichten. In engerer Beziehung stand er hingegen zu Gotha.
Hier hatte 1774 der berühmte Schauspieler Eckhof (1720 bis
1778) mit anderen die Loge „Kosmopolit" gegründet, welcher
der regierende Herzog Ernst IL von Sachsen-Gotha-Altenburg
und sein Bruder August sogleich beitraten. Namentlich ersterer
war ein eifriger Maurer, der selten eine Loge versäumte» Im
Jahre 1775 übernahm er das Amt eines Landes- Groß-Meisters
der Großen Landesloge von Deutschland. Die Loge „Kosmopolit"
nannte sich den beiden fürstlichen Brüdern zu Ehren „Zum
Rautenkranz". Der Herzog bemühte sich, eine Vereinigung der
verschiedenen freimaurerischen Systeme anzubahnen, namentlich
zwischen der strikten Observanz und der Großen Landesloge
von Deutschland; als aber dieser Versuch am Eigensinn Zinnendorfs
scheiterte, konstituierte sich die Gothaer Loge 1784 neu
unter dem Namen: „Zum Kompaß" und trat dem eklektischen
Freimaurer-Bund zu Frankfurt a. M. bei.1 Ein besonders freundschaftliches
Verhältnis knüpfte Herder 1777 mit dem Prinzen
August von Gotha an, den er im Bade Pyrmont kennen gelernt
hatte. Häufig war er nun dessen Gast und nahm an den Zusammenkünften
der Brüder in Gotha unter dem Namen Damasus
Pontifex2 Anteil. In diesem Verkehr mit geistreichen edlen
Brüdern empfieng er die mannigfaltigsten und fruchtbarsten
Anregungen, wie er selbst in einem Briefe an seinen alten Freund
Fr. Hartknoch, am 25. September 1777 eingesteht: „Seitdem
ich in Sachsen bin, mehr Menschen kenne und von mehreren
gekannt werde, geprüfter, reifer und stärker wurde, soll hoffentlich
jetzt ein zweites Mannesalter meines Lebens beginnen."
Und diese Hoffnung erfüllte sich in reichem Maße. Er entfaltete
nun eine ungemein fruchtbare literarische Tätigkeit, die
mit seinem Interesse für freimaurerische Probleme eng zusammenhängt
. Später trat er zu den beiden hervorragendsten Freimaurern,
die Reformatoren des Bundes waren, in intime Beziehung,
1 C. ßröcker, Die Freimaurer-Logen Deutschlands. Berlin 1894 p. 102 i*
2 Keller 1. c. p. 60 nach Akten des Logenarchivs von Gotha.
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