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NEUNTES KAPITEL

eine angenehme sinnliche Gegenwart der Dinge über alle jene
Trennungen und Einseitigkeiten. Philosophie gibt ihm feste
bleibende Grundsätze hierüber, und wenn es ihm nötig ist, wird
ihm die Geschichte nähere Maximen nicht versagen." Er will
nichts von einer Menge von Antrieben wissen, sondern lieber
einem einzigen Antriebe alle mögliche intensive Kraft geben, und
dieser einzige Antrieb ist die Humanität. Alle Vorurteile von
Staatsinteresse, angeborener Religion und das törichte Vorurteil
unter allen, von Rang und Stand würden zwar nicht verschwinden,
aber gedämpft, eingeschränkt, unschädlich gemacht werden. Es
bedarf keiner Symbole. Alle Symbole mögen einst gut und notwendig
gewesen sein; jetzt passen sie nicht mehr, denn die
Gegenwart verlangt reine, helle, offenbare Wahrheit.

Wir kennen bereits Herders Abneigung gegen die geheimen
Gesellschaften. „Seit drei Jahren," schreibt er am 13. Juni 1786
an Heyne in Göttingen, „gehe ich mit einigen Gesprächen oder
einer Abhandlung über geheime Gesellschaften, geheime Wissenschaften
und Symbole schwanger." Die Arbeit blieb liegen, weil
Bode ihm vorgestellt hatte, er würde sich dadurch mächtige
Feinde auf den Hals ziehen. Erst 1888 hat Suphan das Gespräch:
„Glaukon und Nicias" publiziert.1

Thrasymachus, der „leere verfängliche Mensch," hatte den
Adimant zum Eintritt in die geheime Gesellschaft verlockt. Seine
Freunde Glaukon und Nicias unterhalten sich darüber und sind
einstimmig, daß geheime Gesellschaften „Winkel sind, die sich
dem Lichte der Sonne verschließen," damit hier der Betrug,
dort die Schwärmerei ausbrüten könne, was ihnen der Geist
eingibt. „Welche geheime Gesellschaft es mit der Wahrheit
und Religion gut meint, die hört sofort auf, geheim zu sein,
denn offene Wahrheit allein ist das Kind Gottes, und jede
menschliche Wahrheit muß beim Licht der Sonne betrachtet und
von Menschen geprüft werden können." Reuig bekannte Adimant
seine Dummheit. „Freilich," sagte er, „sah ich Menschen, die
ich an diesem Orte nicht zu finden vermeinte, so daß mir bei

1 SämtL Werke XV p, 165 ff.


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