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DER EINFLÜSS DER EREIMAUREREI AUF DIE GEISTIGE KULTUR. 863
Bleibe nicht am Boden heften,
Frisch gewagt und frisch hinaus!
Kopf und Arm mit heitern Kräften
überall sind sie zu Haus i
Wo wir uns der Sonne freuen,
Sind wir jede Sorge los.
Daß wir uns in ihr zerstreuen,
Darum ist die Welt so groß.
Der Freimaurerbund erweitert sich Goethe zu einem Weltbund
, der sich die tätige Menschenliebe zur Pflicht gemacht
hat. „Des Mannes echte Feier ist die Tat"; darin gipfelt die
maurerische Lebensweisheit Goethes, die zuletzt in Faust ihre
poetische Verklärung gefunden hat:
Das ist der Weisheit letzter Schluß:
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muß,
Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
Hier Kindheit, Mann und Greis sein flüchtig Jahr.
Solch' ein Gewimmel möcht ich sehn,
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
Zum Augenblicke dürft ich sagen:
Verweile doch! du bist so schön!
Es kann die Spur von meinen Lebenstagen
Nicht in Aeonen untergehn!
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß ich jetzt den höchsten Augenblick.
Die Worte aber, welche er der Parze Atropos in den Mund
legt, sollen den Jüngern der königlichen Kunst eine heilige
Mahnung sein, stets das Angedenken dieses großen Maurers in
Ehren zu halten, dadurch, daß sie nicht bloß mit großen Worten
sich als Maurer beweisen, sondern durch Taten.
Er lebt, lebt ewig in der Welt Gedächtnis,
Das von Geschlecht sich zu Geschlechtern reiht,
Sein Name wirkt, ein heiliges Vermächtnis,
In seinen Jüngern fort und fort erneut:
Und so in edler Nachfolg und Gedächtnis
Gelangt die Tugend zur Unsterblichkeit.
Zu gleichem Preise sieht sich aufgefordert,
Wem gleicher Trieb im edlen Busen lodert!
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