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ZEHNTES KAPITEL

Trauerspieles „Sidney" erregte gewaltig den Zorn und Haß seiner
Gegner; er glaubte seines Lebens nicht mehr sicher zu sein und
entfloh 1788 nach Breslau. Er trat als Erzieher in die Dienste
des Fürsten von Schönaich-Carolath. 1791 ging er zur Lutherischen
Kirche über und 1792 vermählte er sich. Als Erzieher
entlassen, siedelte er 1796 nach Berlin über, wo er 1797 eine
Erziehungsanstalt gründete, die aber nicht prosperierte, weshalb
er froh sein mußte, als er eine Anstellung als Konsulent in
Kirchen- und Schulsachen erhielt. Die Schlacht von Jena beraubte
ihn wieder dieser Stellung. Seine Ehe war höchst unglücklich
gewesen und die Scheidung für beide Teile ein wahrer
Segen. 1802 verheiratete er sich von neuem wieder. Der unpraktische
Gelehrte träumte von einem Glück, das er mit seiner
jungen Frau in der Einsamkeit zu finden hoffte. Er kaufte 1802
das Gut Kleinwall, geriet aber bald infolge seiner Unkenntnisse
und der Kriegswirren in die tiefste Not, aus der ihn seine
maurerischen Freunde mit rührender Bruderliebe retteten. 1809
nahm sich seiner die Königin Louise an, zu gleicher Zeit erhielt
er einen Ruf nach Rußland, wo er am 15. Dezember 1839 als
Kirchenrat starb. Er hatte sich unter schwierigen Umständen,
Verfolgungen, Not und Sorgen, mit Anstrengung aller physischen
und psychischen Kräfte eine umfassende philosophische Bildung
erworben, doch war er mehr eine rezeptive, als produktive
Natur. Er besaß das Talent, leicht und gewandt zu schreiben,
aber seine Schriften gehen mehr in die Breite als in die Tiefe.
Die Not trieb ihn zur Vielschreiberei. Seine historischen Werke,
namentlich die Geschichte von Spanien und Ungarn, sind kritiklose
Kompilationen, jetzt ganz veraltet, und auch seine historischen
Romane, einst viel gelesen, haben der Zeit nicht Stand
halten können. Namentlich sein Mark Aurel, breitspurig, ohne
Handlung, aber voller moralischer Betrachtungen, fand große
Verbreitung, wurde aber später durch Zschokkes Stunden der
Andacht verdrängt. Von seiner Schriftstellerei dachte er freilich
selbst sehr hoch. „Ich wünsche, daß niemand meine Schriften
zum Zeitvertreib in die Hand nehmen möge; denn nicht dazu,


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