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geladenen Karren Höw oder Ströwy komm-
lieh durch gefahren möge und dass söllicher
Gang auch nit wyter gemacht werd, dann
ungefarlich fünf Mass schuoh.« In diesem
Hause empfing Roll 1570 den Kardinal Karl
Borromeo, Erzbischof von Mailand, den frühern
Staatssekretär Pius IV., als er zum Grabe
Bruder Klausens wallte, seine Stiefschwester
Hortensia in Hohenems besuchte und mit
dieser Reise eine diplomatische Visite bei
den Obern der fünf katholischen Orte verband
. In Altdorf weilte der hohe Kirchenfürst
auf der Hinreise am 22. August und
anlässlich der Heimkehr am 1. September.
Dekan Heinrich Heil hat neun Jahre später
den Aufenthalt bei Roll ausdrücklich in einem
Briefe nochmals erwähnt. 1574 führte unser
Ritter im Dienste der spanischen Krone als
Oberst ein Regiment Eidgenossen nach den
Niederlanden gegen die Geusen. Antistes
Heinrich Bullinger von Zürich, der sich mit
diesem Hilfszuge natürlich nicht befreunden
konnte, schrieb darüber in sein Tagebuch:
»Zu Uri was ein Schriber, der Roll genannt,
uss dem (ein) Ritter worden was; der was
gut hispanisch und brach uff etliche Fändli
und fürt si wider aller Eidtgnossen Willen
in das Niderland 13. Maii und kam diser
hispanisch Fasel widerumb heimb 14. Sep-
tembris; sagtend von grossem Hunger und
Ellend. Vil warend gestorben und hattend
nüt usgricht. Dem Ritter oder Schriber Rollen
beschach nie nüt umb sinen Fräfel.« Noch
im gleichen Jahr bemühte sich Roll für eine
Annäherung der katholischen Orte an Spanien,
als Inhaber des Herzogtums Mailand. Er sah
die bezüglichen langjährigen Bemühungen 1588
durch ein formelles Bündnis mit Erfolg gekrönt
. Im Dezember 1571 reiste der Vielbeschäftigte
als Gesandter der nämlichen Orte
zum Erzbischof von Mailand, dem Herzog von
Toskana und zum Papste. Den 1. März 1578
erneuerte er bei Karl Borromeo seine frühere
Bitte um Entsendung von Kapuzinern. 1581
kamen die ersten dieses Ordens in die Schweiz,
wo Roll ihnen über dem Flecken Altdorf in
herrlicher Lage beim Kirchlein Allerheiligen
auf eigene Kosten ein Kloster baute und das
alte Gotteshaus erneuerte oder doch ganz
wesentlich erweiterte. Die Kirchweihe fand
den 3. Mai 1585 statt. Merkwürdigerweise
erlangte Roll trotz seines weitreichenden Einflusses
und der vielen Verdienste nie die
oberste Würde im Lande; die französische
Partei mochte noch zu stark sein, um dem
ausgesprochenen »Spanier« diese Ehre zu
gönnen. Sie wurde erst den Söhnen zuteil
und zwar dem Ritter Johann Peter in den
Jahren 1611 — 1613 und 1635-37 und dem
Ritter Karl Emanuel 1631—33 und 1643—45.
Diese setzten die Leiche des Vaters (f 1591)
in der von ihm selbst errichteten Familiengruft
in der Kapuzinerkirche bei, wozu
Clemens VIII. durch ein Breve vom 21. März
1594 nachträglich die Zustimmung erteilte.
Die Nämlichen wollten aber 1612 ihrem Vater
auch ein Grabmal stiften. Der Procurator
generalis riet aber, der Schlichtheit seines
Ordens gemäss, sich mit einem bescheidenen
Erinnerungszeichen zu begnügen. So entstund
vielleicht die Gedenktafel, welche heute über
dem Kirchenportal eingemauert ist. Später
machte Johann Peter Roll nochmals Anstrengungen
, die Familiengruft reicher ausstatten
zu dürfen, erhielt aber von Kardinal
Genetti den 20. Oktober 1634 einen abschlägigen
Bescheid. Die Söhne Walter Rolls
mehrten den ererbten Reichtum. Johann Peter
wurde 1612 Herr zu Böttstein, Johann Ludwig
verwaltete als Malteser Ritter die Komtureien
Leuggern und Klingnau, und Ritter Johann
Walter, Komtur des St. Stephansordens, starb
den 17. Juni 1639 als Herr von Mammern.
Sein grosses steinernes Grabmal blieb daselbst
beim neuesten Kirchenbrand verschont. Freiherr
Franz Ludwig, der Sohn Karl Emanuels,
erwarb 1635 die Herrschaft Bernau. Überall
wurden neue Schlösser gebaut; an Geld fehlte
es diesen Herren offenbar nicht, denn nach
einem Rodel von 1639 betrug ihr Gut jenseits
des Gotthard 136,000 GL, die Güter und
Häuser in Uri schätzten sie auf 20,000 Kronen
oder 32,000 GL, die Handschriften, Gülten
und Schulden daselbst auf 25,000 Kronen oder
40,000 GL Die auswärtigen Besitzungen wurden
folgendermassen angeschlagen: Unterwaiden
ob und nid dem Wald 12,000 GL; Zug ohne
das Schloss Cham und den Hof daselbst
6000 GL; Freiamt 2000 Gl.; Grafschaft Baden
ohne das Kirchspiel Leuggern 25,000 GL;
Böttstein 30,000 GL; Schulden im Kirchspiel
Leuggern und im Bernergebiet 28,000 GL;
Herrschaft Laufenberg 8000 GL; Fideikommiss
Bernau 60,000 Gl.; Herrschaft Rheinfelden
30,000 GL; Landgrafschaft Klettgau und
Grafschaft Sulz 35,000 GL; Fideikommiss
XXIX
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