Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/3
Das Bürgerhaus in der Schweiz (3. Band): Das Bürgerhaus im Canton St. Gallen, Erster Teil: Das Bürgerhaus im Canton Appenzell
Berlin, 1913
Seite: XXXII
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_03_1913/0034
Wie bei dem Kunstsinn und den reichen
Geldmitteln des Bauherrn nicht anders zu erwarten
, entspricht das Innere dem vornehmen
Äußeren. Die Wirkung steigert sich eher
noch beim Betreten des geräumigen Treppenhauses
mit dem reich geschnitzten Geländer.
In den Zimmern finden wir fein gegliederte,
geschnitzte und marquettierte Täferung und
ruhige Stuckaturen an Decken und Hohlkehlen.
Besonders beachtenswert sind auch ein paar
schöne Öfen, der eine im I. Stock, in der feinen
Bemalung wenigstens noch mit Nachklängen
ans eben passierte Rokoko, der andere, wie
der übrige Innenausbau und das noch reichlich
vorhandene Mobiliar und Hausgerät in den
bereits dem Empire zuneigenden Formen des
Stils Louis XVI. Bei den nahen Beziehungen
des Bauherrn zum Stift St. Gallen ist jedenfalls
anzunehmen, daß, wenn nicht die Pläne
zum Bau selbst, so doch manche Teile des
Ausbaues von den durch die Bauten im Kloster
herangezogenen Künstlern ausgeführt worden
seien, vor allem die Stuckaturen.

Haus „Rudenzburg"

an der Toggenburgerstraße, jetzt im Besitze
der Herren Dr. Heinemann und Kunstmaler
Huber (Blatt 57)

Offenbar hatte schon vorher der baufreudige
und baukundige Herr Reichsvogt Gruebler
dieses Haus erstellt, im Jahre 1774. Seine
Tochter vermählte sich mit dem nachmaligen
letzten äbtischen „Reichsvogt" von Wil, dem
Baron Joh. Nepomuk v. Wirz a. Rudenz,
und das Haus ging durch Erbschaft an die
Familie des Schwiegersohnes. Dieser erwarb
anno 1806 für sich, seine Frau und Kinder
um die übliche Taxe von 1300 fl. das Bürgerrecht
von Wil. Trotzdem auch bei diesem
Bauwerk unberufene Hände in mancherlei
Weise in dessen Schönheit eingegriffen, hat es
doch im ganzen sein imposantes, eigenartiges
Gepräge gewahrt. Außer den alten hohen
Pappeln, die den Eingang zum Hofe flankieren,
hilft zur Verstärkung des Eindrucks wesentlich
mit die hohe Mauer, durch die der südlich gelegene
Garten vom profanen Getriebe der
Straße abschließt.

Im Innern ist's besonders auch hier das
breit und bequem angelegte Treppenhaus mit
Böden aus dunkelroten gebrannten Tonplätt-
chen und reich geschnitztem Treppengeländer,

das den Besucher würdig auf den Eindruck der
vornehm ausgebauten Wohnräume hinweist.
Die große Stube, mit breiter, geschnitzter
Flügeltüre und Brusttäferung, weist an Decke,
Hohlkehle und Supraporten reiche Stuckarbeit
auf, die, ganz in den Formen des Rokoko
gehalten, so starke Verwandtschaft mit
gleichzeitigen Werken in den Kirchen und
Privatbauten von St. Gallen, Trogen, Ror-
schach usw. zeigt, daß sie unbedingt den
gleichen Händen zuzuschreiben ist.

Der Hof in Wil

(Blatt 58, 59, 60, 61)

r^Vrei Wahrzeichen sind es vor allem, die
*S dem alten Wil, auf weithin sichtbarem
Hügelkopf eng zusammengedrängt, charakteristisches
Gepräge verleihen: der starke,
trutzige Kirchturm von St. Nikiaus mit
seinem Trabanten, dem Zwiebeltürmchen auf
dem steilen Chordach, der behäbige Turm
des Baronenhauses und das mächtige Dach
des ehemals fürstäbtischen Hofes. Wie eine
starke Burg schließt dieser die eng zusammen-
geschmiegte Häuserfamilie des Städtchens nach
Norden und Osten ab.

Die Äbte hatten wohl schon frühe ein
Haus in Wil, so daß Rudolf von Habsburg
seinen furchtlosen Besuch bei Abt Bercht-
hold im Jahre 1267 ohne Zweifel unter
dessen eigenem Dache abstatten konnte.
In den Hauptzügen verdankt aber der Hof
seine heutige Form dem weitblickenden, energischen
Ulrich Rösch, der von 1463—1491
regierte und überall für Mehrung des Klosterbesitzes
, Regelung der Rechtsverhältnisse und
Befestigung der äbtischen Macht sorgte. ,,Er
machte den Hof geräumiger, da er dazu noch
zwei Häuser baute und sie mit dem alten
unter ein Dach brachte", sagt Ildefons v. Dox
in seiner St. Gallischen Geschichte. Der jetzige
Innenausbau stammt größtenteils aus dem
16. und 17. Jahrhundert. Im Keller sowie an
dem steinernen Türgerüst der Tür zur Äbte-
stube finden sich die Jahreszahlen 1566. Der
damals, von 1564 bis 1577, regierende Abt
Othmar Kunz war Wiler Bürger. So ist es
nicht zu verwundern, daß er sich hier eine
ganze Flucht stiller Gemächer für seinen zeitweiligen
Gebrauch geschaffen hat. Vor allem
das Empfangszimmer selbst, die Äbtestube,

XXXII


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