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kleinerer Häuser an der Schmidgasse in Herisau
(Bl. 93) und am Hause von Hr. Altheer, Bäcker
in Trogen. An der „Krone" in Trogen ist
diese Malerei noch an den, gewöhnlich versteckten
Zugladen, dafür aber noch ganz frisch
erhalten, datiert 1767. Auch das Innere, besonders
die Wohnstuben, wurde hier und da
in ähnlicher Weise wie die sog. Bauernmöbel
farbig behandelt. Fein gestimmte graublaue
und grünliche Marmorierungen und Maserie-
rungen der Friese, landschaftliche und figürliche
Szenen auf den Füllungen, reicher Blumenschmuck
bilden die Motive. Das best erhaltene
Beispiel ist die Wirtsstube der „Krone" in Hund-
vil, datiert 1815 (Bl. 95), ein Schlafzimmer
in der „Krone" zu Trogen (Bl. 95), eine Stube
bei Kantonsrat Niederer, Müller bei Heiden.
Vieles andere ist heute übermalt.
Massive Bauten sind selten. Herisau besitzt
einige um den Kirchenplatz herum, Bühler
1—2, Gais ebenfalls nur einzelne, Teufen und
Speicher gar keine. Der Dorf platz in Trogen
macht allein eine Ausnahme (siehe Trogen).
Auf die Entwicklung dieses Appenzeller
Bürgerhauses und seine eigenartige Ausgestaltung
von bedeutendstem Einfluß waren
ein paar Baumeister des 18. Jahrhunderts,
von denen wir Näheres wissen. Es ist hier vor
allem die Familie Grubenmann*) in Teufen
zu nennen. Schon der Vater der später so
berühmt Gewordenen muß ein hervorragender
Meister gewesen sein. Er baute 1726 die genial
konstruierte Kirche in Weinfelden. Sein Sohn
Johann Ulrich, geb. 1710, und dessen etwas
jüngerer Bruder Jakob, beide eigentlich einfache
Zimmermeister ohne jede höhere technische
Bildung, wurden besonders bekannt
durch ihre kühnen Brückenbauten zu Reichenau
, Schaffhausen, Wettingen usw. und durch
mehr als 30 Kirchen, die sie gemeinsam oder
jeder für sich erbauten. Jakob verunglückte
1778 beim Bau der Kirche in Trogen. Im
gleichen Jahr taucht aber sein Sohn Johann
Ulrich der Jüngere beim Kirchenbau in Teufen
als tüchtiger Erbe seines Vaters auf. Außer
diesen öffentlichen Bauwerken werden sie auch
als die Schöpfer vieler privater Häuser und
*) Die große Bedeutung, welche den Grubenmann
von ihren Zeitgenossen beigemessen wurde,
erhellt aus einer ganzen Reihe literarischer Zeugnisse
, besonders in den damals so beliebten Reisebriefen
. Näheres Schweiz. Bauzeitung, 1906,
Band XLVIII, Nr. 22.
„Paläste" bezeichnet. Unter allen Umständen
dürfen wir ihnen einige der stattlichen Bauten
in Teufen, Speicher und Trogen zuschreiben.
Joh. Ulrich der Ältere starb 1783. Sein eigenes
Haus im Hörli in Teufen siehe Bl. 91. Ein
weiterer Meister ist Conrad Langenegger aus
Gais. Nach abenteuerreichen und entbehrungsvollen
Lehr- und Wander jähren in Österreich
und Ungarn, wohin Not und Wißbegierde den
armen Weberknaben getrieben, kehrte er 1778
mit reichen Kenntnissen und Erfahrungen als
Zimmermeister in seine Heimat zurück. Der
große Brand von Gais im Jahre 1782 gab ihm
Arbeit in Fülle. Er baute dort nicht weniger
als 16 Häuser, darunter den Gasthof zum
Ochsen und das Haus des Ratsherrn Gruber,
jetzt Herrn Alt-Reallehrer Brenner gehörend.
Später verlegte er seinen Wohnsitz nach
Trogen. In den Jahren 1802—12 errichtete
er dort für Landammann Jakob Zellweger-
Zuberbühler das jetzige Rathaus, und für
dessen Bruder, den Geschichtschreiber Joh.
Caspar Zellweger-Gessner (Taf. 83 u. 84) das
gewaltige fünfseitige Gebäude (Nr. 7) an der
westlichen Ecke des Landsgemeindeplatzes,
sowie für den Zeugherrn Tobler das prächtige
Holzhaus oberhalb des Dorfplatzes. In Speicher
baute er die Kirche. Er starb 1818 im Alter
von 68 Jahren.
Die sichere, aus kräftigem Volksgeist und
solider Technik entsprungene Richtung dieser
Appenzellischen Bauweise hatte die gute Folge,
daß sie sich lange lebenskräftig erhielt. Erst
in neuerer Zeit dringen wirklich unerfreuliche
Elemente, wie Backsteinrohbau u. dergl., ins
Land ein.
In Innerrhoden erhielt sich der alte, land-
und alpwirtschaftliche Charakter stärker. Nur
der Flecken Appenzell als Hauptort gestaltete
sich etwas bürgerlicher, ohne daß sich
seine Bauten wesentlich von denen Außerrhodens
unterscheiden. Eine Ausnahme, dem
ganzen Lande gegenüber, macht das Schloß
(Bl. 74—77). Dieses wurde im Jahre 1563
von Dr. Anton Löw gebaut. Dieser war einer
der energischsten Führer der Reformierten in
Appenzell. Zusammen mit Hermann Zidler,
Ulrich Zellweger und Paulus Gartenhauser
suchte er nach Wegen, einen reformierten
Prädikanten auch für den Flecken Appenzell
zu erhalten. In der daraus erwachsenden
Gegenbewegung der katholischen Partei wurde
Löw wegen ehrenrühriger Äußerungen über
XLII
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