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Kammer. Durch die Türe links gelangt
man vermittelst einer Holztreppe in die aus
mehreren Zimmern und Kammern bestehende
Hauptwohnung ins Obergeschoss. Als Küche
dazu dient der bis unter das Dach offene
Vorplatz oben an der Treppe; eine dort
gegen die Strasse angebrachte Türe ermöglicht
das direkte Einbringen von Heuballen
und dergl. in das Obergeschoss und von da
in den Dachstock mit Umgehung der engen
Treppe. — In der Dicke der Mauer ist unten
neben der Türe zu dieser Wohnung der
Abort eingebaut.
Beachtung verdient die schachbrettartige
Schnitzerei an den durchgehenden Fensterbänken
und Fensterstürzen des Obergeschosses
, ebenso die gotische Profilierung
der Fenstereinrahmungen und -Pfosten, welche
die Entstehung des Hauses spätestens
ins XVII. Jahrhundert verlegen. Das gesamte
Holzwerk der Fassade weist einen
alten Anstrich von roter Farbe auf.
Durch seine Dimensionen, namentlich
in der Tiefe, zeichnet sich das Haus des
Bahnangestellten Karl Schmocker am Kirchplatz
, Tafel 4, aus, dessen hohes Alter seine
ebenfalls gotisch profilierten Reihenfenster,
die gewölbte Haustüre und ein ebensolcher
Kellereingang bezeugen. Der mit Steinfliesen
bedeckte Vorplatz, zu dem einige Stufen von
der Strasse hinaufführen, steht vollständig
unter dem Schutz des weit vorspringenden
Daches, das beidseitig durch gewaltige freistehende
Holzständer gestützt wird. Zur besseren
Beleuchtung der Zimmer des zweiten
Geschosses sind in demselben heute Glasziegeleinlagen
eingefügt. Die Vorderseite
des Hauses ist unterkellert; die Keller, mit
Eingang von der Strasse, weisen mächtige
Baikendecken auf. Das Erdgeschoss, dessen
Fenster neueren Datums sind, enthält gegen
die Strasse ein geräumiges Wohnzimmer
mit dahinterliegender Küche. Da das Haus
schon seit zwei Generationen von Bahnangestellten
bewohnt wird, ist keine Spur
von einer Werkstatt oder einem sonstigen
Betrieb mehr vorhanden. An der Rückwand
der durch das Zimmer erhellten Küche
schliessen sich als Keller, Holzhaus u. dergl.
dienende vollständig unbeleuchtete Räume
an, die zu den auf der Rückseite des Hauses
befindlichen Schweineställen führen. Eine
Holztreppe am Ende des Hausgangs führt
ins erste Stockwerk, dessen mittelster, mit
grossen Steinfliessen belegter Teil abgesehen
von einigen Verschlagen bis unters Dach
offen ist. Anstossend an die Wand des
gegen den Kirchplatz befindlichen Zimmers
ist in demselben der alte — heut nicht
mehr benutzte — Sandsteinherd, über welchem
das Kamin des Zimmerofens ausmündet
. Die rauchgeschwärzten Scheidemauern
aus Bruchstein, die ohne jeglichen
Verputz sind, zeugen davon, dass der Rauch
seit Jahrhunderten, durch kein Kamin geleitet
, sich durch diesen Raum den Ausgang
nach oben suchte; noch heute besitzt das
Haus keinen Schornstein. Die Zimmer sind
wie in den andern Häusern des Städtchens
mit einem schmucklosen Getäfer versehen;
der Trittofen aus Sandstein im grossen
Vorderzimmer trägt die Jahrzahl 1818. Der
hintere Teil des Hauses, über den Schweineställen
, bildet eine kleinere Wohnung für
sich, die schon lange leer steht. An der
Rückwand des Zimmers gegen den Mittelraum
befindet sich auch wieder der Kochplatz
. Der grün-weisse Farbanstrich des
mit Schnitzereien verzierten Holzwerks der
Fassade ist neueren Datums.
Sehr originell, mit seiner von dem durch
Steinsäulen getragenen überragenden ersten
Stockwerk gedeckten offenen Halle gegen
den Platz war das daran stossende Eckhaus
gegen das Habkerngässli, Tafel 1, ein Bau,
der stark an gewisse Wallisertypen erinnerte
und der von Dr. J. Hunziker im „Schweizerhaus
" (Abschnitt 7 „Das Länderhaus", Aarau
bei H. R. Sauerländer & Co. 1913, pag.
106) eingehender beschrieben worden ist.
Ebenfalls Eigentum des vorgenannten Karl
Schmocker, hat dieses aus dem Jahr 1608
stammende Gebäude nach 300jährigem Bestand
vor ca. acht Jahren einem banalen,
das Bild des Städtchens verunstaltenden
Neubau weichen müssen.
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