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und des Erdgeschosses wenig veränderte
Bau ist die Wohnung eines Grosskaufmanns.
Als Warenlager diente einerseits das geräumige
Dachgeschoss, anderseits der gedeckte
Hof links neben dem Eingang der
Hauptfassade gegen den Platz der Südseite.
Dass dieser Hof, der zu dem in der Mitte
des Hauses befindlichen Treppenturm führt,
und der auf zwei Seiten in jedem Stockwerk
mit offenen Galerien versehen ist, von
Anfang an gedeckt war, beweist die einheitliche
Gestalt der Fassade, die mit ihren
durchgehenden Simsen und gekuppelten
Fenstern dem XVII. Jahrhundert angehört.
Zur besseren Beleuchtung des Hofes und
des darin eingebauten Treppenturms sind
die hintersten Fenster zu dreiteiligen Reihenfenstern
erweitert. Ihr gotisch profiliertes
Gewände ist mit schuppenartiger Verzierung
versehen — ein westschweizerisch anmutendes
Motiv, das sich in Burgdorf noch da
und dort findet.
Das Haus steht an Stelle zweier Häuser,
von denen das äusserste 1364 Sässhaus des
Ritters Heinrich von Erolswil, 1567 von
Ulrich Fankhauser und seinem Schwager
Jakob Lyoth dem Hans Rust abgekauft
wurde. Der heutige Bau scheint vom Burgermeister
David Fankhauser 1629 begonnen
und von seinem Sohn Jakob 1605—1657,
Tuch- und Weinhändler, Hauptmann im
ersten Vilmergerkrieg 1656, beendigt worden
zu sein; in der Familie Fankhauser, nebst
den Leuw, Dürr und Kupferschmid die einflussreichste
von Burgdorf, hat sich das Haus
bis zum heutigen Tag fortvererbt.
Im Innern verdient namentlich ein Prunkzimmer
mit reichem Renaissancegetäfer und
kräftiger Kassettendecke aus verschiedenen
Holzarten, mit Jahrzahl 1636, Beachtung.
Ein grosser, z. T. verbauter Festsaal im
obersten Geschoss, mit bemalten Wänden
und Fensternischen zeigt an der reich bemalten
Balkendecke inmitten von Relief-
Medaillons mit Köpfen aus der griechischen
Mythologie in grünem Blätterkranz einen
von einem Engel gehaltenen Wappenschild
geviertet mit Wappen Fankhauser und
Jenner: ein Schild, der sich auf obigen
Hauptmann Jakob F. bezieht, der mit Maria
Jenner von Bern vermählt war. Auch in
andern Zimmern des Obergeschosses ist auf
dem Kalkverputz der Wände und den Balken
der Decke die ursprüngliche Bemalung erhalten
geblieben. Die Wände des einen sind mit
den gleichen, von Masken gehaltenen Frucht-
guirlanden, wie der Festsaal geschmückt;
die einfach gehaltene Decke ist hellblau mit
indischroten Einfassungen und weissem
Sternendekor. Eine Kammer weist eine
ebenfalls hellblaue Decke mit gelb und rot
bemalten Balken auf. Eine derartige Bemalung
der Wände und Decken, soweit er-
stere nicht vertäfert waren, war in Bern im
XVII. Jahrhundert sehr beliebt; ähnliche
Beispiele sind namentlich in einem Herrenstock
in Nieder-Bottigen bei Bümpliz, in
Rüfenacht bei Güniligen und da und dort,
freilich nur noch spur weise, in Stadthäusern
zu finden.
Bis auf verschiedene Türen mit Eselsrücken
und den Fenstern sind die meisten
Räume des massiv aus Sandstein erbauten
Hauses heute modernisiert. Namentlich das
Erdgeschoss, in welchem sich seit 1832 die
Buchhandlung Langlois befindet, hat mehrfache
Umbauten erfahren.
An der Rütschelengasse und Hofstatt
Tafeln 31-32.
rwei für Burgdorf ganz ungewöhnliche
Hausanlagen mit auf der Strasse hinausgebautem
Treppenturm sind die aneinander-
stossenden Gebäude an der Südseite des von
der Rütschelengasse und der Hofstatt eingeschlossenen
Häuserkomplexes gegen das
sogen. „Milchgässli". Wahrscheinlich hat da
einmal eine Teilung eines einzigen Hausplatzes
stattgefunden und den beiden Eigentümern
wurde bewilligt, ihre wegen Platzmangel
nicht gut im Innern der Häuser
anzubringenden Treppen ausserhalb derselben
in die Gasse hineinzubauen. Denkbar
ist es freilich auch, dass einmal zur Öffnung
des Milchgässli ein danebenstehendes Haus
abgerissen wurde, in welches die in Frage
kommenden Treppenhäuser hineingriffen.
Irgendwelche urkundliche Nachrichten über
ihren Bau und früheren Besitzer konnten
nicht beigebracht werden.
Das mehrfach umgebaute Haus gegen die
Rütschelengasse gehörte lange Zeit der nun
aufgehobenenWeberenzunft. Beachtung verdienen
die hübsch skulptierten Reihenfenster
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