Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/5
Das Bürgerhaus in der Schweiz (5. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Bern, 1. Teil
Zürich, 1917
Seite: LXVI
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_05_1917/0068
Sitzung ihren heutigen Namen von dem durch
Autfüllung dem See abgewonnenen ummauerten
Landkomplex: derartiger dem See
abgewonnener Boden heisst am Bielersee
„Büri", plur. „Bürinen", auf französisch in
Neuenstadt „leve"e", in Vinelz deutsch „Leve-
nen". Das heute durch Anbauten verunstaltete
Haus, mit dem angebauten viereckigen
Treppenturm ein in Bernerlanden öfters vorkommender
Typus des Herrensitzes des ausgehenden
XVI. und vereinzelt auch des XVII.
Jahrhunderts, ist auf der Kauwschen Ansicht
der Unterstadt von Erlach gut erkennbar.
Ursprünglich ein vornehmeres stadtberni-
sches Rebhaus, ist es schon seit dem XVIII.
Jahrhundert im Besitz von Erlacher Bürgern.

So wie es Kauw abgezeichnet, dürfte es
im grossen und ganzen von Jakob Risold
erbaut worden sein, dessen Allianzwappen
am schönen Renaissancefenster gegen die
Strasse zu sehen ist. Einem angesehenen
Geschlecht von Murten entsprossen, das sein
Vater Peter Risaud, nachwärts Hauptmann
in Frankreich, Landvogt nach Morsee und
nach Saanen, um 1570 nach Bern gebracht
hatte, zählte Jakob R. im Anfang des XVII.
Jahrhunderts zu den grösseren Reben- und
Grundbesitzern in Erlach und dessen Umgebung
. Geb. 1582, 1612 des Grossen Rates
von Bern und 1621—27 Landvogt im benachbarten
St. Johannsen, starb er 1628 an der
Pest; seine Frau war Elisabeth Aprill oder
Aprell, vermählt 1608, aus einer früher auch
zu Biel ansässigen, 1800 erloschenen Familie
von Erlach. Das erwähnte Fenster, dessen
Mittelpfosten am Sockel in Renaissancecar-
touchen zwei unbekannte Steinmetzzeichen
aufweisen, trägt über dem Renaissancemotiv
des Sturzes die später angebrachte Jahrzahl
1690. Elisabeth R., die einzige Tochter des
obigen, brachte das Gut ihrem Ehemann
Samuel Lerber, Ratsherr und Zeugherr zu
Bern, Oberst der Stadtkürassiere und Oberbefehlshaber
der bernischen Reiterei im
Bauernkrieg 1653 und gestorben 1659 als
Venner. Auf ihn folgte im Besitz der Büri
sein Tochtermann, der nachmalige Ratsherr
und Venner Abraham Tillier, der sie an
Albrecht Frisching, 1633—1702, Landvogt
nach Saanen, verkaufte. Noch zu seinen Lebzeiten
trat dieser die Liegenschaft seinem
Sohn Gabriel, 1656—1735, ab, nachmals Ratsherr
und Venner zu Bern und Herr zu Wyl.

Am 12. Februar 1685 verkaufte dieser „sein
Rebgut hinder Erlach am Bielersee gelegen,
mit Haus und Hof, Scheuren, Ofenhaus,
Trüllen, Ställen und anderen Gebäuwen,
wie auch mit Räben, Matten, Garten und
Beunden, der Hof oder die grosse Bürri genannt
, das Haus mit Zeit-Thurm, Keller,
Schür, Trüllen, Ofenhaus und den rev.
Schweineställen aussen daran" mit allem
Hausrat dem schon durch die alten Erlach-
schen Mannlehen in Erlach begüterten Johann
Antoni May, damals noch Hauptmann
einer Kompagnie Fussvolk in Frankreich, um
34,000Bernpfund und 35 Dublonen Trinkgeld.
Die ganze Besitzung enthielt laut Verkaufsurkunde
54 Mannwerk Reben (ein heutiges
M. = 36 Aren). Auch hier ging May sogleich
ans Umbauen und Vergrössern. Das an den
See grenzende Land, das auf der Kauwschen
Ansicht noch eine unregelmässige Form zeigt,
Hess er durch Auffüllen und Erhöhung des
Strandbodens und Seegrundes bis auf 7 Fuss
Höhe zu einem regelmässigen Viereck erweitern
, wodurch etwa 30 Mannwerk gewonnen
wurden. Das ganze Gut wurde mit
einer Mauer, gegen den See als Stütz- und
Wehrmauer auf einem Rost aus grossen
Hartsteinquadern aufgeführt, umgeben; die
nordöstliche und südöstliche Ecke am See
zierten wie beim Stadthaus Gartenhäuschen
aus Hauterivestein. Das Material zu dieser
Neuschöpfung musste teils dem See enthoben,
teils per Schiff herbeigeführt werden. Ein
namentlich in Anbetracht der damaligen
technischen Mittel grossartiges Werk, kostete
sie jedenfalls Unsummen: einzig das Stück
Mauer gegen den jetzt infolge der Aarekorrektion
ohnedies tiefer liegenden See
würde nach dem Urteil Sachkundiger heute
gegen 100,000 Fr. kosten! Aber auch das
Haus Hess Mai gründlich ändern; es bekam
ein grösseres Dach, neue Fenster, Zimmer
wurden erhöht und ein gegen den See befindlicher
Anbau abgebrochen. Der am
Fenster mit den Wappen Jakob Risolds und
seiner Frau angebrachten Jahrzahl nach
muss dies 1690 geschehen sein. Zu beachten
ist, dass der sonst bis ins kleinste Detail
getreue Kauw auf seiner Ansicht kein dreiteiliges
Fenster gegen die Strasse, sondern
nur ein solches im Obergeschoss neben dem
Treppenturm zeichnet: dies lässt vermuten,
dass May das durch Vergrösserung des

LXVI


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_05_1917/0068