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Daches zwecklos gewordene Fenster weggenommen
und an seinen heutigen Standort
versetzt hat.
Das Bürigut teilte die Schicksale der
übrigen May guter; im Geldstag über den
Nachlass des Oberst May von der bernischen
Obrigkeit übernommen, kam es 1719 an seine
Witwe und von dieser 1735 an ihren Sohn
Johann Antoni May. In seinem Testament,
das 1750 in Wirksamkeit trat, verschrieb
es dieser seinem Freund, „der ihm so manchen
Dienst geleistet", Gabriel Zeender von
Bern, welcher sich aber beeilte, auf diese
Erbschaft sowohl in utilibus als in onerosis
Verzicht zu leisten und sich von der Regierung
eine Resignationsurkunde ausstellen
zu lassen. In der Folge an Erlacher Burger
verkauft, kam das Gut gegen Ende des XVIII.
Jahrhunderts an die Familie Künzi. In den
1870er Jahren wurde das Haus von Herrn
Notar und Amtschreiber Friedrich Künzi,
unter Schonung der altertümlichen Bestandteile
, renoviert und vergrössert; gegenwärtige
Eigentümer sind die Familien Rössler und
Künzi.
Auf dem Aberlischen Prospekt von Erlach
(um 1778) ist das Haus in der ihm von
Oberst J. A. May gegebenen Gestalt deutlich
sichtbar — ein seltener Zufall für ein
Privathaus, dass man sowohl aus dem XVII.
als auch aus dem XVIII. Jahrhundert Ansichten
davon hat.
Der Stock zu Tschugg
Tafel 79.
Dieses Haus wird schon im XVI. Jahrhundert
als das „hindere Hus" zu Tschugg
erwähnt und war damals eine Dependenz
des „vorderen Huses" (sogen. „Laubenhaus"
erbaut 1569); es gehörte mit diesem einer
Benedicta Berseth, welche 1588 als Witwe
des bernischen Ratsherrn Jakob Meyer, Landvogt
nach Erlach 1557 und Venner zu Ger-
wern 1567 und 1575, verstarb. Die Familie
Berseth war in Tschugg schon seit dem XIV.
Jahrhundert ansässig und begütert; um 1580
erwarb Imbert B. das bernische Burgerrecht
und seine Nachkommen setzten sich in Bern
fest, wo sie erst 1821 ausstarben. Die beiden
erwähnten Häuser scheinen den alten „Hof"
Tschugg am Südabhang des Jolimont, nahe
bei Erlach, 1358 erstmals genannt, gebildet
zu haben. Nach dem Tode obiger Benedicta
Meyer geb. Berseth fielen laut Teilungsvertrag
vom 28. März 1588 die Güter zu
Tschugg zunächst unverteilt an die noch
minderjährigen Kinder ihres vorverstorbenen
Sohnes Ambrosius Meyer, ebenfalls Landvogt
nach Erlach 1576, nämlich an Margaretha
, Jakobli und „Broseli" (Ambrosius) M.
Das in der Teilungsschrift als das „hindere
Hus" bezeichnete Gebäude scheint damals
leer gestanden zu sein, da als Mobiliar darin
nur „1 Bettstatt und 1 Tröglin darin zwo
Deckinen" angeführt werden, im Gegensatz
zum ziemlich reichhaltigen Hausrat des vorderen
Hauses. Obige Söhne des Ambrosius
Meyer starben früh und ohne Nachkommen
(Ambrosius erscheint 1610 als Mitglied des
Grossen Rates von Bern) und das Haus gelangte
an ihre Schwester Margaretha, die
in vorgerückteren Jahren 1624 den Ratsherrn
Johann Anton Tillier heiratete. Vermutlich
hat ihm noch ihr Bruder Ambrosius seine
heutige Gestalt gegeben; der Fenstersturz
des kleineren Fensters des ersten Stockwerks
der Fassade trägt das Datum 1611.
Nach dem Tode der Margaretha Tillier
kamen ihre väterlichen Güter zu Tschugg
testamentsweise an ihre nächsten Anverwandten
, die Brüder Hans und Samuel
Frisching, deren väterliche Grossmutter
Elisabeth Meyer die Schwester ihres Vaters
gewesen war. Etwas vor 1679 verkaufte der
Schultheiss Samuel Fr. das grössere Haus
an das Inselspital in Bern, und zwar offenbar
ohne den „Stock", dessen spätere Schicksale
nun unbekannt sind. Die dazu gehörigen
Reben wurden ebenfalls veräussert und
scheinen an das nebenan gelegene grosse
Gut gekommen zu sein, das bis zu Anfang
des XVIII. Jahrhunderts den Nachkommen
des obgenannten Imbert Berseth gehörte,
dann an die Familie der „schwarzen" Steiger
von Bern überging, 1879 vom Staat erworben
und als Anstalt für Epileptische eingerichtet
wurde. Lange Zeit stand das Haus ganz
isoliert da, ringsumgeben von Steigerschem
Besitz. Aus den Händen ärmerer Leute und
in verlottertem Zustand kaufte es 1901 obige
Anstalt, die ihm eine gründliche Renovation
angedeihen liess.
Das Erdgeschoss des an eine Scheuer angebauten
Hauses besteht aus einem einzigen
LXVII
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