Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/5
Das Bürgerhaus in der Schweiz (5. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Bern, 1. Teil
Zürich, 1917
Seite: LXXVI
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_05_1917/0078
Schaffis — Chavannes

Tafeln 89—90.

Zur Zeit der Weinlese pflegte der stadt-
bernische Rebenbesitzer einige Wochen
mit seiner Familie auf seinem Rebgut an
den sonnigen Hängen des Bielersees zu verbringen
. Entweder reservierte er sich zu
diesem Zweck nur einige Zimmer bei seinem
Verwalter oder „Rebmann", oder dann erbaute
er sich ein eigenes Gebäude zu diesem
kurzen Herbstaufenthalt, dessen Erdgeschoss
nach Art der einheimischen Häuser als Kelter-
und Lagerraum für die Erzeugnisse des Gutes
diente. Die Zahl der Zimmer war in Anbetracht
des Villeggiaturchar akters dieser
Häuser meist eine ziemlich beschränkte; in
ihrer Innenausstattung entsprach die Wohnung
aber ganz der Lebeweise des woldhabenden
Stadtberners — um so mehr als
im XVII. und XVIII. Jahrhundert ein Teil
des bernischen gesellschaftlichen Lebens
sich während einiger Wochen auf den Rebgütern
abspielte. Zum Teil sind diese Häuser
in den Dorfgassen von Twann und Ligerz
eingebaut, wo sie sogleich durch ihre Grösse
auffallen, zum Teil stehen sie aber einzeln
inmitten der Weinberge.

Ein solches ist das schon auf Neuenstadter
Gebiet gelegene, älteren Leuten noch als
„Kirchbergerhaus", Tafeln 89—90, bekannte
Haus in Schaffis, einer Häusergruppe 1 km
oberhalb Ligerz an der Strasse nach Neuenstadt
. Zum Eingang zur Wohnung, die in
ihrem hintern Teil zu ebener Erde liegt, gelangt
man von der Strasse durch eine an der
Hausmauer angebauten Steintreppe. Das weit
vorspringende Dach bedeckt auch den Vorplatz
der Haustüre, indem es den hinten am
Hause stehenden Treppenturm auf beiden
Seiten umfasst und sich hinter demselben mit
der Bedachung eines kleinen Ökonomiegebäudes
vereinigt. Die geschnitzten Träger des
Dachgiebels gegen die Strasse tragen die
Jahrzahl 1681; aus gleicher Zeit wird das
leider sehr beschädigte und weiss übermalte
Eichengetäfel des Wohnzimmers im untern
Geschoss der Wohnung stammen, jedenfalls
ein Erzeugnis des Tischmachers und Holzschnitzers
Abraham Gaberei (1641—1719)
aus Ligerz, von dessen Arbeiten in Ligerz
noch mehrere erhalten sind. Sonst enthält
das Innere nichts Bemerkenswertes; der Anbau
auf der Strassenseite ist, wenigstens im
oberen Teil, neueren Ursprungs. Eine kleine
Gartenanlage auf der Südwestseite des Hauses
trennt es von der ehemaligen Verwalterwohnung
, wo sich auch die Stallungen befinden
.

In der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts
Eigentum des Junkers Vincenz
v. Ligerz kam das Gut an die einzige
Tochter seines ältesten Sohnes Franz v.
Ligerz, des Rats zu Neuenstadt f 1622,
dessen Witwe Elisabeth Chambrier sich mit
Franz Ludwig v. Erlach, 1596—1650, Herrn
zu Bümpliz und Landvogt nach Aelen 1635.
wiedervermählte. Diese Tochter Helena v.
L., welche in Bern bei ihrem Stiefvater 1628
erst 14 Jahre alt starb, setzte auf ihrem Todbett
mit Umgehung der Brüder ihres Vaters
ihre Mutter und deren Kinder zweiter Ehe
zu Haupterben ihrer beträchtlichen väterlichen
Güter ein, was lange Streitigkeiten
hervorrief, die erst 1633 beigelegt wurden.
Obiger Franz Rudolf v. Erlach nahm am
Hause Bauereien vor. Am 1. September 1634
ersucht Jean Jacques Marin die Neuenstadter
ihm zu handen des Herrn v. Erlach Holz zu
bewilligen, um an dessen Hause in Schaffis
das Vordach fertigzustellen; 1643 werden
ihm nochmals 18 Stämme für Reparaturen
zugesprochen. Von seinem Sohne Joh. Rudolf
v. Erlach 1632—83, Herrn zu Bümpliz, welcher
sich 1681 inColombier festsetzte, erwarb 1679
der Deutschsäckelmeister Joh. Leonhard
Engel (1621—1682) das Gut, und gab dem
Hause im grossen und ganzen seine heutige
Gestalt. Sein Vater, ein Kupferschmied aus
Twann, hatte 1616 das bernische Burgerrecht
erworben; er selber begann seine
Laufbahn als Notar und gelangte 1679 zur
Säckelmeisterwürde, der zweithöchsten der
Stadt und Republik Bern. Er ist der Stammvater
der in Bern erst 1870 erloschenen pa-

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