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trägt darum heute seine Barockmontur. Im
Schild über dem Portal des Turmes findet sich
die Jahrzahl 1747. Das Bild des alten Turmes
ist uns in mehreren Abbildungen aus der
Zeit vor dem Einsturz erhalten. Anno 1549
hatte er seine Geschichte des „Tällen" aufgemalt
erhalten und zwölf Jahre später
setzte ihm der „kunstrich" Uhrmacher
Joachim Habrecht die berühmte astronomische
Uhr ein. Auch das Glöcklein,
der Himmelskönigin geweiht und darum
„Küngeliglöckli" genannt, hattte seine Geschichte
. Es soll von der Berennung des
Räuberschlosses Balm 1449 heimgebracht
und hier aufgehängt worden sein. Seinen
Namen hat der Turm vom privilegierten
Salzverkauf des Abtes, der Wage des Herrn,
Fronwag genannt.
Inder Herrenstube begegnen wir einem
Gesellschaftsgebäude, das gemäss den Forderungen
der Barockzeit ganz grosszügig
angelegt worden ist, wenn schon für
die Fassadenentwicklung nur ein schmaler
Streifen zur Verfügung stand. Professor
Thomas Spleiss fertigte die Pläne und Vogtrichter
Dietegen Seiler die Zeichnungen zu
den beiden schönen Figuren Mars und
Pallas über dem Portal. Dieses letztere ist
datiert mit 1748, und geschmückt mit den
Wäppchen der Ringk von Wildenberg,
Stokar von Neunforn und Peyer Im Hof.
Über den Dreien zeigt sich das Gesellschaftswappen
(links das Steinmetzzeichen G E S;
rechts H J S). Die hohen Fenster der Fassade
zeigen ähnliche Umrahmung und Aufsätze
wie die Fassade an der Gerberzunft.
Das aussergewöhnlich tiefe Schmalhaus
enthält im vorderen Erdgeschoss das Ladenlokal
, im hintern einen vormals die ganze
Breite und Tiefe des Hinterhauses füllenden
Saal mit bemaltem Getäfel (heute unterteilt).
Zwei vornehme, dreiteilige Bogenstellungen
schliessen eine Art Halle in der Mitte des
Gebäudes ab; diese Halle teilt das Haus in
zwei Teile. Bei dieser Doppeldisposition
musste selbstredend die Hinterfassade zu
Lichtquellen herangezogen werden. In drei
Stockwerken reihen sich hier die hohen
Kreuzstöcke. Im zweiten Stock führt eine
schön geschweifte, hohe Flügeltüre zum
grossen Zunftsaal vornehinaus. Er ist heute
mehrfach unterteilt. Die reiche Barockdecke
auf starker Hohlkehle lässt sich in den
Eckstücken (die vier Jahreszeiten durch
verschiedene Zweige darstellend) bequem
betrachten.
Die Küche steht in allen drei Stockwerken
im Vorplatz, in der Mitte des Hauses, und
erhält ihr Licht durch grosse Glaswände
vom Treppenhause. Grosse Stockwerkhöhe,
vornehm breite Treppenanlage und überraschende
Helligkeit in allen Räumen ist
das Signum dieses ehemals feinen und
grosszügig angelegten Hauses.
Das Haus zur Kaufleutstube
Vordergasse Nr. 58 (Tafeln 34 und 35).
Das alte Gesellschaftshaus der Kaufleute
mit dem Turm der „Brümsi", der nach
Hard> r noch die Jahrzahl 876 getragen
haben soll, bestand seit dem XIV. Jahrhundert
bis zum Neubau im Jahre 1780.
Um diese Zeit drängten die bedrohliche Baufälligkeit
des alten Turmes und der allgemeine
Platzmangel zu einem Neubau.
Schon 1784 stand der neue, weite, luftige
Bau fertig da und ein „niedlich Mahl", wie
das Protokoll es nennt, leitete die Feier der
Einweihung ein. Stadtbaumeister Spengler
hatte die Pläne verfertigt, Joh. Jak. Ith den
Bau übernommen und Joh. Jak. Vogler, der
Bildhauer und Schreiner, die Modelle für die
innere Ausschmückung geschaffen. Von 1876
an trat dann das Gebäude in den Besitz der
Kasinogesellschaft und von dieser in den des
Verlages Meier & Co., welcher das feudale
Haus zu einer modernen Druckerei einrichten
liess. Wohl hat der Besitzer beim grossen
Umbau von 1910 tunlichst auf Erhaltung
des Innern und Äussern gehalten, aber der
alte Geist ist eben doch durch einen neuen,
kräftigeren endgültig verdrängt worden.
Die Fassade ist glücklicherweise unverletzt
. Das eine Steinportal sitzt in der linken
der drei Fensterachsen; über dem Kämpfer
ein reizendes Gitterchen mit schmiedeisernem
, goldgeschmücktem Turm. In der
rechten Achse sass ein gleiches Portal. Es
ist heute in ein Fenster umgewandelt. Die
zeichnerische Aufnahme zeigt den alten
Bestand. Sehr fein ist die Verjüngung der
Fensterhöhen, von den hohen Tanzsaalfenstern
des ersten Stockes bis zu denniedern,
in die Breite gedrückten der Hauswart-
XXIH
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