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Klingenfuss hat 1632 den ersten grossen
Postdienst nach Ulm und Lyon eingerichtet
, und sein Sohn betrieb ihn hier,
wohl neben dem Gastgewerbe, bis die
Thurn- und Taxisgesellschaft den gesamten
Postdienst an sich brachte). Die Renaissancefassade
ist auf Pfeiler und Bögen aufgelegt;
das Erdgeschoss leider durch den Umbau
von 1878 verändert, der Hauseingang verlegt
, die Halbrundfenster durch viereckige
Schaufenster ersetzt. Die zeichnerische Aufnahme
zeigt den alten Bestand. Als Schöpfer
der grosszügigen Fassade gilt Oberbaumeister
Joh. Jak. Meyer, der zehn Jahre später
auch das schöne Portal am Zeughaus (jetzt
Begierungsgebäude) geschaffen. Den Hauptschmuck
der Fassade bildet unstreitig der
Erker, der reichste und schönste unter allen
Erkern der Stadt. In den Feldern zeigen
sich skulpierte, eitle Schöne im Zeitkostüm,
zu ihren Füssen ihre Lieblingstierchen, wie
Hündchen, Schildkröte und ein Hirschlein.
Zierliche Kariathiden bilden die Fensterpfeiler
und zwei phantastische Wasserspeier
züngeln vom artig geschwungenen Erkerdächlein
. Eine pausbackige Fratze bildet
den obern Erkerknauf, während eine ziemlich
derbe Liebesgruppe früher die Basis
schmückte, vom skandalisierten Anstandsgefühl
aber aus den Augen der Welt — ins
historisch-antiquarische Museum geschafft
wurde. Über dem Portal ist ein reiches,
aber fein in der Fläche bleibendes Relief
eingelassen: Zwei Engel flankieren eine
Gruppe von Wappen der Familien Hageloch
und Seiler. Das Innere des Erdgeschosses
ist ganz unübersichtlich geworden.
An der Ostseite des Hofes, gegen den Nachbarhof
links findet sich noch ein merkwürdiger
, kapellenartiger Baurest, hoch und
mit Kreuzgewölben.
Die Stockwerke enttäuschen insofern, als
von der früheren, der Fassade entsprechenden
Ausstattung nichts mehr vorhanden ist.
Die Decken sind meist glatt, die Getäfel verschwunden
, oder arg in Ölfarbe gestrichen.
Bemerkenswert sind aber (und sie geben
dem Hause seine besondere Charakteristik)
die gewaltigen Hausflure, allerdings stellenweise
durch Einbauten beeinträchtigt. Die
Unterzüge der Flurdecken in beiden Stockwerken
werden durch starke Säulen gestützt
; die im zweiten Stock ist besonders
schlank und reich geschmückt mit Allianz-
wäppchen und Jahrzahl 1614.
Im Hausgange zum Hinterhause des
ersten Stockes zwei schöne Steinportale mit
Allianzwäppchen und Jahrzahlen 1611 und
1614.
Der Dachstuhl ist seiner kühnen, zimmergerechten
Konstruktion wegen zu erwähnen.
Der ganze erste Dachboden ist am Sprengwerk
aufgehängt.
Besteller und Meister der Malerei an
der Fassade sind unbekannt, doch kann die
Erstellung mit ziemlicher Sicherheit in die
Zeit der Fassadengestaltung placiert werden.
Zwischen den Fenstern erheben sich vornehme
, überlebensgrosse männliche und
weibliche Figuren mit antiken Namen; die
Männer im üblichen Triumphatorenkostüm,
die Damen im zeitgenössischen Kleide. In
In der Mitte der Fassade, in Breitformat,
prangt der „goldene Ochse". Die Wappen
über den Fenstern des ersten und zweiten
Stockes sind neueren Datums.
Das Gasthaus zur Krone
Kronengässli Nr. 1 (Tafeln 35 und 39).
„Die Kronen, so die fürnembst
herberg alhie, habend die
Kronen den nammen geben,
so darin gwonet."
Rüeger.
Tatsächlich ist die Krone durch die Jahrhunderte
hindurch (sie wird erstmals 1489
als Herberge genannt) bis in die Achtzigerjahre
unserer Zeit der erste Gasthof gewesen.
Bis in die genannten Jahre war das Wirtschaftszeichen
, eine grosse, vergoldete Krone,
am Hause sichtbar. Ursprünglich besass ein
Heinrich Cron das Haus; dann im XVI.
Jahrhundert die Sigge. Ein Ludwig Sigk
mit Namen verkaufte es 1531 an Sebastian
Maeder. Von diesem stammt der erste umfassende
Umbau von 1557. In seine neue
Gaststube stiftete der Rat eine Anzahl farbige
Scheiben. Doch wurde nachmals noch
mehrfach umgebaut. Auch ist das Haus
einmal mit dem Nachbarhaus zum Hirschen
vereinigt gewesen, wovon heute noch die
Gurte unter den Fenstern und ein Portal
in der Brandmauer zeugen. An der Hausfront
gegen die Vordergasse sind die kräftigen
Strebepfeiler, zwischen denen sich
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