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Die hier zur Behandlung gelangenden
Objekte sind schon ihrer Bestimmung nach
die hervorragendsten im Orte: Der Oberhof
(der Sitz des Obervogtes der gnädigen
Herren zu Schaffhausen) und das Gemeindehaus
. Als eigentliche Bürgerhäuser
mittleren Charakters dürfen dann
die Rietmannschen Häuser und als
Beispiel eines vor der Ringmauer erstellten
Bürgerhauses die „Färb" gelten.
Der Oberhof
(Tafel 99).
Vom ehern aligenbischöflich-konstanzischen
Hofe, der um 1330 als „Gedinkhof"
genannt wird, an der Nordostecke des
Städtchens, bietet lediglich die Fassade
gegen den Hof und dessen Anlage bauliches
Interesse. Bis vor einem Vierteljahrhundert
zeigte die Nordseite gegen den
Graben Pultdach und gotischen Zinnenkranz,
ist heute aber mit einem gewöhnlichen
Satteldache abgedeckt. Von der Stadtseite
her vermittelt ein rundbogiger Durchgang
in viereckigem Torturm den Eingang zum
unregelmässigen Hofe. In seiner Nordostecke
steht der im oberen Teile abgebrochene,
runde Treppenturm. Die Türe zur Wendeltreppe
zeigt eine steinerne Sopraporta im
Renaissancestile, deren zwei Wappenbilder
abgemeisselt sind. Das Schaff hauser Wahrzeichen
soll hier, wie an der Aussenseite
des Obertorturmes, in jener stürmischen
Nacht der Befreiung der Landschaft von
der Stadtherrschaft vom 5. auf den 6. Fe-
ruar 1798 gewaltsam entfernt worden sein.
An dieser Hoffassade zeigen sich Baudaten
von 1538 und 1594.
Der Flügel, der den Hof gegen Osten
abschliesst, stammt von 1802. Seine Aussen-
mauer zeigt indess noch ganz den Charakter
des Renaissancehauses. Die hohen Fenster
mit den tiefen, flachbogigen Nischen haben
noch die alten Fenstersitze bewahrt. Die
Fensterläden zeigen Bemalung. Ein schöner
offener Laubengang ging in der ersten Stockhöhe
auf den Hof. Von ihm ist in der
Nordostecke, neben dem Treppenturm, noch
ein Stück erhalten.
Der Nordflügel, der Hauptteil des Gebäudes
, mit getäfelten Räumen und Säälen
in allen Stockwerken, die früher wohl auch
mit grossen Kaminen und Öfen versehen
waren, teilt sich durch eine Mauer in zwei
Teile. Eine Reihe von gotischen Kreuzfenstern
im zweiten Stocke der Hofseite
lässt den Hauptraum des Flügels erraten.
Es ist der ehemalige Saal, dessen mit Querlatten
profilierte, flache Holzdiele bis in die
Achtziger]ahre zahlreiche, flachgeschnitzte
Friese mit Ranken, Brustmedaillons und
einer Tierhetze inbunter, renaissancemässiger
Behandlung zeigte. Ein Teil dieser Friese
befindet sich heute im Landesmuseum. Sie
datieren von 1555, welche Jahrzahl jetzt
noch am schweren, eichenen Tragpfosten
in der Mitte zu sehen ist. Der farbige Glanz
ist nun aus den Räumen gewichen. In das
grosse Gebäude teilen sich heute vier Besitzer.
Das Gemeindehaus
(Tafel 98).
Das mächtige Gebäude, ein gotisches
Fensterhaus mit zwei stattlichen Treppengiebeln
und einem Bogengang in der
Mittelachse des Erdgeschosses, ist um 1568
ausdrücklich als Gemeindehaus gebaut
worden. Der erwähnte Bogengang teilt
das Erdgeschoss in zwei Hälften. In der
linken Hälfte, vorne hinaus, liegt die
„Gemeindemetzg"; dahinter in der Nordwestecke
die „kleine Metzg". Dieses Ecklokal
zeigt Kreuzgewölbe und war früher
nach zwei Seiten offen. Am freistehenden
Eckpfeiler soll bis in die Vierzigerjahre die
„Trülle" (der öffentliche Pranger) gestanden
haben. In der Osthälfte befindet sich vorne-
hinaus der Fleischerladen, dann der Hausflur
mit der Balustertreppe und im Hintergrund
ein altes, enges Verliess, zu dem ein niederes,
gotisch profiliertes Steintörlein führt. Der Zugang
zum tonnengewölbten, tiefgegrabenen
Keller erfolgt vom Bogengänge aus.
Im ersten Stock betreten wir vorerst den
nach Norden gelegenen Vorplatz. Die grossen
Sääle liegen an der Südseite. Sie sind mit
mächtigen Balken, die von schweren Unterzügen
und Holzsäulen gestützt werden, eingedeckt
. Diese Balken erstrecken sich über
Saal und Vorraum zugleich und weisen eine
Länge von 17 m auf. Eine mehrfache Renovation
verkleidete diese Balkendecke mit
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