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siedelten sie sich nach Sippen und Familien
auf zerstreuten Höfen an, und unter dem
Einfluss des frühe schon eingedrungenen
Christentums (Legenden von Felix und
Regula und von Fridolin) gewöhnten sie
Das Olarner
Seine älteste Form war das Blockhaus,
ein einfacher, solider Holzbau aus quer
übereinandergelegten, grob gezimmerten
Balken mit bretterdicken, von Steinen beschwerten
Schindeln gedeckt, in der Mitte
die Küche mit gemauertem Herd, vorn
„Stube" und „Kammer", hinten Stall und
Scheune, letztere auch vom Hause abgetrennt
, das Ganze an sicherer, womöglich
erhöhter Stelle und gegen die Sonne hingesetzt
, von Obstbäumen, einem Gärtchen
und plätscherndem Brunnen umgeben und
mit einem Holzzaun umfriedet. So ungefähr
war das bescheidene und doch trauliche
Heim der alten Glarner, das man da und
dort heute noch antrifft. — Daraus entwickelte
sich dann allmählich das unter
dem Namen Tätschhaus bekannte vergrös-
serte Blockhaus. Es ist um 1—2 Stockwerke
höher als jenes, dem der Urkantone
ähnlich. Durch Jahrhunderte das allgemeine
Bauernhaus im Lande und fast in allen
Dörfern noch zu sehen, lacht es uns mit
freundlichem, sonnenverbranntem Gesicht
wie ein Stück liebe alte Zeit entgegen und
ist erkennbar an seiner mehr in die Breite
geratenen Front, dem ziemlich flachen, weit
vorspringenden Dache, dem gemauerten
Untergeschoss mit dem sogen. Bogen, einem
gewölbten, zu Aufbewahrungszwecken dienenden
Gemach, und den in Reihen zu-
sich an ruhige, sesshafte Lebensweise. Sie
beschäftigten sich mit Viehzucht, Land- und
Alp Wirtschaft und bauten sich ihre Häuser.
Es entstand ein fester Typus des alemannischen
Hauses.
Bauernhaus.
sammengedrängten Fenstern. Der Eingang
ist gewöhnlich auf der Seite im ersten Stock.
Eine im Freien aufsteigende Holztreppe
führt dazu hinauf und bildet oben nicht
selten eine eingemachte Laube, das sogen.
Brücklein, wo eine Bank zu gemütlichem
Abendsitz ladet. Dieses Plätzchen ist aber
auch alles, was am Haus über das durchaus
Notwendige hinausgeht. Das alte Glarner-
haus trägt den Stempel grosser Nüchternheit
, der Folge des Druckes harter Arbeit
und politischer Abhängigkeit, der früher
auf dem Volke lastete und es ihm nur
selten gestattete, den Blick über die Bedürfnisse
des Alltags zu erheben. — Später
hat sich das Tätschhaus, nicht zu seinem
Vorteil, alle möglichen Umänderungen gefallen
lassen müssen: Zurückstutzen des
Daches, Hebung des Giebels, Deckung mit
dünnen Schindelchen oder mit Schieferplatten
, Anhängsel von Ställchen und Schöpfen
, besonders aber Überkleidung der Aussen-
wände mit Mauerwerk, wodurch der Charakter
des Holzbaues zerstört und der falsche
Schein erweckt wird, es liege Steinbau vor.
Infolge dieser mannigfaltigen Umgestaltungen
gewahrt man heute in manchen
Dörfern eine wahre Musterkarte der verschiedensten
Abarten vom alten, bodenständigen
Glarnerhaus, dieses selbst in seiner
reinen Urform dagegen immer seltener.
Das Olarner Bürgerhaus.
Wie es aufkam. Erst verhältnismässig
spät kam es im Glarnerland zu bedeutendem
Wohnbauten; denn es fehlte
sowohl an Anregung dazu als an den erforderlichen
Mitteln. Keine Stadt, keinen
Fürstensitz gab es weit und breit, von wo
neue, die Bautätigkeit befruchtende Gedanken
hätten ausgehen können, und die
Ansammlung grössern Besitzes war zu sehr
erschwert. Nach der Herrschaft der alemannischen
Herzöge und fränkischen Gaugrafen
war das Land, vermutlich um 850,
durch Schenkung König Ludwigs des Deutschen
an das Kloster Säckingen, dem seine
Tochter Bertha vorstand, gekommen, wie
Uri an das seiner andern Tochter Hildegard
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