Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/7
Das Bürgerhaus in der Schweiz (7. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Glarus
Zürich, 1919
Seite: VII
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_07_1919/0009
unterstellte Fraumünster zu Zürich. Aber
Säckingen war weit weg; nur alle vier
Jahre einmal zeigte sich die Äbtissin im
Tal, und sie dachte an alles andere eher
als daran, für die bauliche Entwicklung
ihres Untertanenlandes auch nur das Geringste
zu tun. Mag ihre Herrschaft auch
im ganzen keine allzu strenge gewesen sein,
so wanderte doch mit den sehr beträchtlichen
Abgaben, den grossen Schaf- und
Rinderherden, den jährlichen 1000 Käslaiben
und gewaltigen Mengen von Korn,
Hafer, Garn, Wolle, Fellen und Grautuch,
der Wohlstand aus dem Lande, und nichts
kam dafür wieder herein. Trotzdem entstanden
mit der Zeit auch ansehnlichere
Bürgerhäuser. Den Anstoss dazu gab die
Entstehung eines geistigen Mittelpunktes
für das Volk, der ersten Kirche. Diese,
schon im 8. Jahrhundert in Glarus erbaut,
war während langen Jahrhunderten — bis
1273 — die einzige im Kanton. Neben ihr
entstand der Landesfriedhof. Um diese
beiden setzten sich Wohnungen an für die
Priester und Kirchenbediensteten, Gasthäuser
für die stundenweit herkommenden Teilnehmer
an den Gottesdiensten und Beerdigungen
, Wohnungen für Handwerker, Krämer
und Dienstleute. Glarus wurde Sitz
des Marktes und der „Ankenwage", die
Dingstätte für Gerichts- und Volksversammlungen
; hier befand sich der Sitz der säk-
kingischen Ministerialen, Meierhof und Kehlhof
, die „freie Reichsstrasse", wo der Landfriede
galt, Kerker, Stock und Galgen. Es
entstand das erste Dorf, der Hauptort, für
den die unansehnlichen, kleinen Bauernhäuser
auf die Dauer allein nicht mehr genügten
. Es war die Zeit des mittelalterlichen
Lehenswesens. Um diese Zeit kamen
auch die Burgen auf, die befestigten Türme,
auf denen die Reichs- und Klostervögte
sassen. Es gab deren vom Walensee bis
hinten ins Tal 15—17. Diese brachten ein
hiezuland neues architektonisches Prinzip
zur Geltung: den Steinbau. Die häufigen
Brände in den aus lauter Holzhäusern bestehenden
Ortschaften — Glarus allein
ist innert zwei Jahrhunderten dreimal abgebrannt
— führten wie von selbst dazu,
das sicherere harte Material auch für das
Wohnhaus anzuwenden. Von durchschlagender
Bedeutung für die Entstehung schöner

Bürgerhäuser aber war die politische Befreiung
des Volkes von dem doppelten Joch
des Klosters und des Hauses Österreich
durch den Eintritt in den Bund der Eidgenossen
(1352) und den Sieg von Näfels
(1388). Nach Ablösung der Verpflichtungen
gegen Säckingen und das Haus Habsburg
fielen die erschöpfenden Steuern für immer
dahin. Das Geld blieb im Lande. Man
konnte endlich aufatmen. Leicht brachte
man nun die Mittel zu schönern Häusern
auf, und es erwachte zum erstenmal die
rechte Freude zum Bauen. — Dazu trat eine
grosse, äusserst anregende Neuerung: der
Glarner, der bisher als unfreier, gedrückter
Mann lebenslang hinter seiner Letzimauer
vergraben gewesen, kam nun hinaus. Die
häufigen Tagsatzungen und anderweitigen
Zusammenkünfte mit den neuen Freunden
und Bundesgenossen boten Gelegenheit, zu
sehen, wie diese wohnten. Stolz und Nachahmungstrieb
wurden lebendig. Noch weiter
sahen sich unsere einfach gewöhnten Landleute
geführt durch die gemeinsamen Feldzüge
(Burgunder, Italiäner etc.) und den
Eintritt in fremde Kriegsdienste. Mit Staunen
und hoher Freude bekamen sie da die
herrlichen Häuser und Paläste Italiens,
Frankreichs und Spaniens zu Gesicht, und
wenn sie dann als hohe Würdenträger,
den Gürtel voll Dukaten, zurückkehrten,
machten sie sich alsbald daran, die gewonnenen
neuen Anschauungen beim Bau eigener
Häuser anzuwenden. Ähnlich erging
es den sehr zahlreichen Bürgern, die in den
18 Untertanenländern, in welchen Glarus
allmählich die Mitregierung zukam, als
Landvögte amteten. Auch sie verlangten
daheim nach standesgemässen Häusern.

Einen neuen, energischen Impuls empfing
die Baulust sodann mit dem Aufblühen
von Handel und Industrie. Erst mit dem
endlich gewoimenen Blick in die Ferne
gingen den Glarnern die Augen auf für den
hohen Wert der grossen Handelsstrasse,
an der sie sassen. Durch den 1415 erfolgten
Anschluss der Unterlandgemeinden Niederurnen
, Bilten und des Kerenzerberges waren
sie direkt an den Walensee, die Maag und
die untere Linth zu liegen gekommen, und
sofort machten sie sich diese Gewässer
zur Handelsstrasse. Mit Flössen führten sie
Bau- und Brennholz, Butter und Käse nach

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