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z. B. das Tri'impihaus in der „Kipfe", das
vermutlich der einstige Hof des säckin-
gischen Kellers gewesen, nach dem Brande
von 1477 neu erstellt und 1679 von Landammann
Ritter Daniel Bussi III um ein
Stockwerk erhöht, auch mit reizendem
Erker, der als Hauskapelle diente, ausgestattet
worden war, eines der stattlichsten
Giebelhäuser des Landes, während mehr als
zwei Jahrhunderten der Sitz des altberühmten
, darin ausgestorbenen Geschlechtes der
Bussi, später des Gardeobersten Peter
Tschudi, dann während hundert Jahren der
Familie Zwicki und zuletzt der Fabrikantenfamilie
Jakob und Fgidius Trümpi. Dieses
Haus, in welchem auch Zwingli und der
Historiker Aegidius Tschudi, jener als Lehrer,
dieser als Schwager des ersten bekannten
Besitzers Landvogt Dionysius Bussi (1518),
aus- und eingegangen waren, besass u. a.
in der „Kapuzinerstube" (so genannt nach
dem als Hauskaplan darin einlogiert gewesenen
Kapuziner) ein wahres Juwel von
Interieur, das mit dem Prunkzimmer im
Freulerpalast an dekorativer Pracht wetteiferte
. Seine wundervolle kassettierte Decke
mit Rosette, das reich geschnitzte, mit verschiedenfarbigen
Intarsien geschmückte Re-
naissancegetäfer, dazu ein prächtiger Winter-
thurer Ofen von J. Heinrich Graaf III mit
Schilderungen der Schweizer Freiheitsschlachten
(1679) und den Allianzwappen
Bussi-Schwarz und Tschudi-Muntprat von
Spiegelberg (1673), ein Bruder desjenigen im
Ital v. Reding'schen Familienhause in Schwyz
(s. „Bürgerhaus in Schwyz", Tafel 38),
alles dies erregte die Bewunderung der
Kunstkenner. Von dieser ganzen Pracht
konnten nur zwei weitere Graafsche Bilderöfen
gerettet werden, von denen sich einer
nun im Landesmuseum befindet. — Diese
schönen, alten Bürgerhäuser zusammen mit
dem wappengeschmückten Rathaus, der
altehrwürdigen romanischen Kirche und
ihrem tausendjährigen Turm, mit dem originellen
, von Bäumen beschatteten „Spielhof
" und den bei jeder Ecke sich öffnenden,
immer wieder anders gearteten Strassen-
prospekten verliehen dem Flecken den
Stempel des markanten, charaktervollen,
des ehren- und erinnerungsreichen, altbehäbigen
Kantonshauptortes, was alles
mit dem Brande unwiederbringlich dahin-
gesunken ist.
Wie nun diese alten Bürgerhäuser, Zeugen
des Geschmacks und Kunstsinnes der
frühern Glarner Geschlechter, von deren
Freude an anmutsvoller Gestaltung des
Lebens erzählen, so gewährt es uns Nachgeborenen
Freude, ihnen nachzufühlen, indem
wir uns in die Betrachtung einzelner
solcher Wohnbauten versenken.
Einzelne Häuser.
Die ältesten Bürgerhäuser des Kantons.
Noch stehen eine Anzahl Häuser, deren
Entstehung bis in die Zeit der Säckingerherrschaft
und vor der Schlacht bei Näfels
zurückgeht. Vielleicht schon aus dem 13. Jahrhundert
stammt das sog. Rainhaus in Netstal
. Es befand sich durch all die Zeiten
ständig im Besitz des damals schon bekannten
Bauerngeschlechtes der Leuzinger,
aus dem in alter Zeit viele zu Richtern gewählt
wurden, und ist jedenfalls mehrfach
umgeändert worden. Man sieht ihm aber
jetzt noch an, dass es vor Zeiten ein burgartiges
, bedeutendes Haus war. — Aus einer
wirklichen Ritterburg hergerichtet dagegen
ist nachweislich das turmartig hohe Haus
„Weinrain" in Mollis an der Kerenzerstrasse,
so genannt nach dem steilen Weinberg, in
welchem es steht. Vermutlich Sitz eines
säckingischen oder habsburgischen Untervogtes
, bestand die Burg, wie aus einem
Gesellenbrief des 18. Jahrhunderts (Spälti,
Geschichte der Stadt Glarus) zu sehen, aus
einem stattlichen Turm mit angebautem
steinernem Hause und unterhalb gelegenem
Tor samt Wächterhäuschen. Sie büsste aber
zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch
Umbau den ursprünglichen Burgcharakter,
neuerdings auch die letzte Schiesscharte
und den Stein des Turmportales ein, an
welchem die Jahrzahl 1307 eingemeisselt
war. (S. Leb. Zwicki, Jugenderinnerungen,
S. 1.) Laut dieser stand der Bau also schon
zur Zeit Kaiser Albrechts und des Rütli-
schwures. Als 1679 auf den Trümmern der
gegenüberliegenden Feste Näfels das Kloster
XI
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