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in französischen Diensten, dann Landvogt
zu Baden und Mitglied des Rates und machte
sich dadurch öffentlich bekannt, dass er,
erst 28 Jahre alt, den Mut hatte, 1637 an
der Landsgemeinde den Antrag auf Abschaffung
des Ämterkaufs („Gauzens"), d. h.
der Bezahlung von Wahlgeldern, zu stellen,
und damit durchdrang. Das Haus fällt
als das weitaus grösste des Dorfes schon
von ferne durch seine ungewöhnliche Höhe
und seinen schön geformten, schlanken,
spitzigen Giebel auf, hat im übrigen einen
ähnlichen Zuschnitt, wie das der benachbarten
Knabenanstalt. Im ersten Stock
sind, wie in diesem, die Fenster des westlichen
Wohnzimmers nur durch einen
schmalen Pfosten mit vorspringender Säule
geteilt, so dass die ganze Wand lauter
Fenster zu sein scheint und das helle Zimmer
einen sehr frohmütigen Charakter bekommt.
Im selben Stockwerk zeigen die Deckenfelder
des langen Korridors ornamentale
Schildereien von grob gemaltem Roll- und
Rankenwerk. Ein Gastzimmer ist durch
Kassettierung der Holzdecke und entsprechend
reichere Ausarbeitung des Wand-
getäfers ausgezeichnet, und einige stattliche
Kachelöfen mit Treppenaufstieg zu den
darüberliegenden Schlafkammern gereichen
den Räumen zur Zierde. Das dritte Stockwerk
füllen zwei grosse Säle, die durch
einen breiten, ursprünglich mit bunt glasierten
Steinplatten belegten Gang getrennt
sind. Der nach Süden gelegene ist ohne
Schmuck geblieben, der nach Norden gelegene
dagegen, der sog. Rittersaal, von
welchem das sonst ganz einfach gehaltene
Haus seinen Namen erhalten hat, zeigt
etwas vornehmere, aber immerhin künstlerisch
unbedeutende Ausstattung. In den
Saal führen hohe Doppeltüren aus Kirschbaumholz
, die aussen und innen genau
gleich und von kassettiertem Renaissancerahmen
umfasst sind. Ihre Schlösser und
Beschläge zeigen hübsche Ziselierungen.
Der Saal schaut mit drei Fenstern nach
Norden gegen die Strasse, mit je einem
gegen Ost und West und bietet einen herrlichen
Ausblick auf die ganze, weite Linth-
ebene mit ihren schmucken Ortschaften und
auf die Speerkette. Die Gipsdecke ist mit
einfachen Stukkaturen geziert, an den Gesimsen
wechseln Fratzen mit Engelsköpfchen
, die Fenster sind mit getriebenen achteckigen
Scheibchen verglast, und eine Menge
alte Waffen, eine Hausorgel, geschnitzte
Kasten und Truhen, worunter eine mit
hübschen Renaissancemotiven und den Initialen
R M (Rudolf Milt) schmückten den
hellen, weiten Raum.
Das Haus hat 1724—26 durch An- und
Aufbau nach hinten eine Vergrösserung
erfahren, die indessen seinen Grundcharakter
nicht alteriert hat, und soll nach Aussage
der Besitzer durch alle die drei Jahrhunderte
seines Bestandes ununterbrochen
bis heute Eigentum direkter Nachkommen
des Erbauers, ehrsamer Landwirte, gewesen
sein.
Das Zwickihaus an der Kreuzgasse in
Mollis. 1621. (Tafel 10). Es ist mit seinen
5 Stockwerken, seinen gewaltigen Mauern
und Eckquadern und seinem hohen Giebel
eines der grössten Häuser des Kantons.
Von der Hauptstrasse, der es sich quer in
den Weg stellt, führt an der Nordseite eine
steinerne Freitreppe zu der im ersten Stock
gelegenen Haustüre hinauf. Diese zeigt im
Schlussstein der spätgotischen Türeinfassung
die Jahrzahl 1621, die sich an der untern,
südwärts gegen den Garten gehenden Haustüre
im Erdgeschoss wiederholt und das
Jahr der Erbauung des Hauses bezeichnet.
An beiden Orten befinden sich zwischen
den Ziffern unbekannte wappenähnliche
Zeichen, die jedoch wahrscheinlich blosse
Hauszeichen sind. Die dabei stehenden
Initialenpaare CS und MZ geben die Namen
der Bauherrn bekannt, nämlich Conrad
Schindler (geb. 1583, kop. 1607) und Maria
Katharina Zwicki, die kinderlos starben,
worauf das Haus an die Familie Zwicki,
welcher das Grundstück wahrscheinlich vorher
schon gehört hatte, zurückfiel, um von
da an mehr als zwei Jahrhunderte ununterbrochen
im Besitz derselben zu verbleiben,
so dass es als das Stamm- und allgemeine
Familienhaus dieses später weitverzweigten,
reichen und hochangesehenen Geschlechtes
zu betrachten ist, das, in seiner früheren
Heimat Konstanz Zwick genannt, zwischen
1560 und 70 des Glaubens wegen von dort
hieher eingewandert war. — Während der
drei Jahrhunderte seines Bestandes hat sich
das äusserst solid gebaute, für zwei Familien
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