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Raum einen festlichen Charakter. Es ist
ein schlanker Bau mit phantastisch geschwungener
Krönung, dessen Turm und
Sitz mit Reliefornamenten, gemalten Jagdszenen
, Passionsblumen, Arabesken und dgl.
geschmückt sind. Ein anderes Zimmer, das
vermutlich dem Hauskaplan eingeräumt
wurde, trägt über dem Kamin das in Sandstein
ausgehauene Wappen des Franziskanerordens
. — In Beletage und Erdgeschoss
hingegen ist ein Reichtum und eine Pracht
der baulichen Einrichtung entfaltet, wie in
keinem andern Schweizerhause dieser Zeit.
Das pompöse Portal schon hat darauf vorbereitet
. Der breite Korridor, in den man
durch dasselbe eintritt, ist durch Pilaster
gegliedert, die Decke flachbogig gewölbt,
und sowohl an den Eingängen zu den mächtigen
Kellern rechts und links als hinten
am Ausgang zum Hofe stehen von Halbsäulen
umrahmte, mit Wappen geschmückte
Portale. Rechts hinten führt ein noch reicher
verziertes in den einstigen Empfangssaal
. Rahn charakterisiert diesen in seinen
„Kunst- und Wanderstudien" S. 269 f. fol-
gendermassen: „Es ist ein barocker Pomp,
den hier die Kunst der Stukkatoren entfaltet
hat: wie architektonischer Zierat die
Wände schmückt und dann über dem
schweren Gesimse die Kraft der Formen
sich steigert und die üppigsten Zierden
bildet: Girlanden und Muscheln, Kartuschen
, Kränze und Tabernakel, zwischen
denen ein Volk von Engeln und allegorischen
Gestalten die Bögen und Wölbungen
belebt." Diesem heute noch vornehm aussehenden
Saale gegenüber erweitert sich
der Korridor zum Treppenhaus, das zu
einem malerischen Einbau von „wuchtigen
Pfeilerarkaden, Gewölben und gotisierenden
Masswerkbalüstraden" gestaltet ist. Im
ersten Stock wieder ein gewölbter Korridor.
Hier öffnet sich der Treppe gegenüber mit
Blick nach dem Hof der grosse Festsaal,
dessen Hauptschmuck in einer wundervollen
, reich geschnitzten Kassettendecke
besteht, während der Schmuck der Wände,
der vermutlich aus kostbaren Teppichen
bestand, dem Zahn der Zeit zum Opfer
gefallen ist. Auf der Südseite ist eine sechseckige
Hauskapelle eingebaut, die, 1667
geweiht, nach innen mit dem farbigen
Schimmer ihrer Geräte die Nische belebt,
nach aussen als malerischer Erker in die
fensterarme Südfront eine charakteristische
Note bringt. — Das eigentliche Prunkzimmer
des Palastes jedoch ist ein an den
Festsaal anstossendes nur kleines Empfangs
- und Plauderzimmer intimsten Charakters
, ein entzückendes, zu einem wahren
Schatzkästchen ausgestaltetes Interieur. Hier
findet sich an Decke, Wänden, Türen und
dem einzigen Fenster in strahlender Fülle
alles vereinigt, was die damalige Kunst
der Innenarchitektur mit allen Mitteln der
Dekoration, Kassettierung, Schnitzerei, In-
tarsie und dgl-, mit Rosettchen, Säulchen,
Figuren und Zieraten aller Art aus verschiedenfarbigem
Holz nur aufzubieten vermochte
. Dem warmen braunen Holzton
gesellen sieh die kältern Farben eines glasierten
, schlanken, sechsstöckigen Ofens von
Hans Heinrich Pfau in Winterthur bei, den
ein ganzer Schwärm von Musen, Rittern
und Schäfern zum Klang der verschiedensten
Schalmeien umtanzt. Denken wir den
Glanz des Silbergeschirres auf dem eingebauten
, schimmernden Büffet und die
leuchtenden Farben der gegen die Abendsonne
gekehrten Glasgemälde im Fenster
hinzu, so empfinden wir etwas von der
Leben und Freude weckenden Wirkung
nach, die von der üppigen Pracht dieser
Kunst auf das sinnenfrohe Geschlecht jener
Tage ausging. — Diesem Zimmer gegenüber
lag Freulers Wohnstube, kunstreich
getäfert, mit kassettierter Holzdecke, deren
Hauptmotive sich im Parkett des Bodens
wiederholen, und grossem, prächtigem Ofen
von Pfau, der dem französischen Heerführer
die Schlachten des alten Testamentes in
buntester Reihenfolge vor Augen führte
und sie heute noch den Herren der Gemeindekanzlei
durch Dutzende von hochweisen
Hafnersprüchen geschwätzig erläutert
. Auf ein einfaches Nebenzimmer folgt
Freulers Schlafgemach, in welches ein allerliebstes
, kleines Boudoir für die Hausfrau
eingefangen ist, beide mit reizendem Deckenschmuck
, jenes mit eingemauertem steinernem
Tresor mit dem Allianzwappen Freuler
und Hässi und der Inschrift „Her Haubt-
man Casbar Freuwler Margarita Häsin sin
Ehegemahl 1623", augenscheinlich ein aus
der frühern Wohnung herübergenommenes
Hochzeitsgeschenk (kop. 1623).
XIX
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