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bekleidete und eine in den Ratsprotokollen
wie im Gemeindearchiv viel genannte, hochangesehene
Persönlichkeit war. — Im Innern
mag die Pflasterung des Hausganges im
Erdgeschoss mit aufrecht gestellten kleinen
Kieselsteinen und ein grosser Zimmerofen
mit der Jahrzahl 1763 Erwähnung finden.
Das Rothaus in Näfels. 1746. (Tafel 58.)
Ein ganz im Barockstil erbautes grosses
Doppelhaus mit auf der Westseite eingebautem
, stattlichem Turm, der es in zwei
gleiche Hälften teilt. Er dient beiden Wohnungen
als Treppenhaus, ist sechs Stockwerke
hoch, von kräftigen Lisenen umrandet
und bildet zu oberst ein reizendes
Aussichtspavillon. Eindrucksvoll ist daran
das monumental gehaltene Hausportal. Es
nimmt fast die volle Breite des Turmes
ein. Die Pilaster und kuppelgekrönten
Halbsäulen zu beiden Seiten, zwischen denen
gittergeschmückte Ausguckfensterchen eingeschaltet
sind, werden von einem kräftig
vorspringenden Gesimsebogen zusammengehalten
. Der Schlussstein des Portals trägt
die irreführende Jahrzahl 1777, die sich
nur auf eine Restauration beziehen kann,
und rechts und links der leider arg verwitterten
Kartuschen grüssen zwei bour-
bonische Lilien, die mit Sicherheit auf einen
im Solde Frankreichs stehenden Bauherrn
hinweisen. Als solchen nennt die Tradition
und bestätigen die Ortsurkunden den 1713
geborenen und 1783 gestorbenen, im Totenregister
als „illustrissimus" bezeichneten
Landammann und Pensionsherrn resp.
Truppenwerber Fridolin Joseph Hauser, der
Sekretär des Klosters Einsiedeln gewesen,
neuvermählt 1744 zum Landseckelmeister,
1746 zum Landstatthalter ernannt worden
und ganz in der Lage war, sich ein eigenes
Heim zu schaffen. Ihm zu Ehren hat der
gefällige Hafner an einem Ofen des Hauses
in einem Zyklus allerliebster Bilder die
Legende vom heiligen Fridolin geschildert,
und an eben diesem Ofen findet sich die
Jahrzahl 1746, die ohne Zweifel das Jahr
der Erbauung des Hauses bezeichnet. Das
Dach ist über dem zweiten Stock in zwei
Stufen aufgesetzt: dem Mansardenstock,
dessen hübsche Silhouette Leben und Bewegung
in das Bild des Ganzen bringt,
und dem von starken Giebelkaminen gekrönten
eigentlichen Dach, ein Aufbau, der
sich im kleinen im Dach des Turmes wiederholt
, worin der Bau seine abschliessende
Zuspitzung findet. — Im Innern entspricht
dem vornehmen Hauseingang ein sehr geräumiges
Treppenhaus mit weiten, hellen
Gängen, harthölzernen Geländern und durch
einfache, geschmackvolle Stukkaturen verzierte
Gipsdecken. Die Motive, die der
Stukkateur hier verwendet hat, kehren
variiert an den Decken der Zimmer, bei
einem sogar im Parkett des Fussbodens
wieder. Ungewöhlich reich und prächtig
aber ist der die ganze Südseite des Mansardenstockes
füllende Saal mit Stukkaturen
bedacht. Was da in verschwenderischer
Überfülle an kräftig modellierten Rosengewinden
, an Ähren, Trauben und rankendem
Blätterwerk, Frühling, Sommer und
Herbst zu rauschenden Akkorden verschmolzen
, über die Deckenfelder sich ausbreitet
und an den Wänden und Fensterreihen
herniederwallt, das hat im Kanton
nicht seinesgleichen, das atmet alles schwellende
Üppigkeit, bacchantische Lebenslust
und fröhlichste Laune. Bisher hatte sich
der pomphafte Dekorationsstil des französisch
-flämischen Hochbarock in unserm
Lande nur im Empfangssaal des Freulerpalastes
offen hervorgewagt; hier im Rothaus
aber feierte er den Tag seines höchsten
Glanzes. Leider ist die Decke dem traurigsten
Zerfalle preisgegeben. Fast noch
beklagenswerter aber ist der Mangel an
künstlerischem Verständnis, der über der
Restauration der nördlichen Hälfte des
Hauses gewaltet hat; denn hier ist jegliche
Rücksicht auf den Gesamtcharakter des
interessanten Baues beiseite gesetzt und dadurch
die Einheit desselben gänzlich zerstört
worden.
Das Haus „In der Wiese" in Glarus.
1746— 48. (Tafel 30 ff.) Die Liegenschaft
„Wiese", ursprünglich ein Teil des zum
säckingischen Kehlhof gehörigen Güterkomplexes
, befand sich, als das in Rede
stehende Haus erbaut wurde, im Besitz von
Landmajor Joh. Heinrich Streiff, dem Begründer
der Glarner Druckindustrie. Geboren
1709 als Sohn des Anführers der
Glarner im Werdenberger Kriege, verehelicht
in erster Ehe mit Emerentia Zwicki
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