Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/7
Das Bürgerhaus in der Schweiz (7. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Glarus
Zürich, 1919
Seite: XXV
(PDF, 15 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_07_1919/0027
sieht die damals noch nicht leistungsfähige
Landesbibliothek ersetzte, wie er auch mit
einer privaten Naturaliensammlung den
Grundstock zum kantonalen Naturalienkabinett
legte. Auf seine Anordnungen nun
gehen alle die Änderungen im Hause zurück
, die, zum Teil mit der Bibliothek im
Zusammenhang stehend, den Stempel des
eben aufgekommenen französischen Empirestils
an sich tragen. Dazu gehören die an
den Superporten des grössern Bibliothekzimmers
angebrachten reizenden Tapeten
mit Darstellungen altgriechischer Spiele
und Opferszenen, ähnliche im Nebenzimmer
mit biblischen Motiven und grosse, künstlerisch
gearbeitete Wandtapeten mit zierlichen
Blumengewinden, Figuren und Medaillons
. In zwei Sälen des dritten Stockes
sind die ganzen Wände mit Bildertapeten
bedeckt, die, 1811 aus Paris bezogen, förmliche
Gemälde von altitaliänischen Gärten
und Palästen, von Tropenlandschaften und
dgl. bilden und die, ähnlich denen in den
Schlössern von Versailles oder in den Basler
„Chinesenzimmern", den Räumen mit ihren
warmen, kräftigen Farben einen hochfest-
lichen Charakter verleihen. Einzig in seiner
Art ist der Dekor eines andern Zimmers,
wo die Füllungen der grau gestrichenen
Getäfer mit Festons von winzig kleinen, in
Wachs aufgesetzten, in den zartesten Farben
bemalten und am Rande vergoldeten Blümchen
umsäumt sind, eine überaus graziöse
Dekoration von feinster Eleganz, zugleich
ein sprechendes Beispiel dafür, wie der
Rokokostil es verstand, sich jedem Räume
anzuschmiegen und ihm mit dem Spiel
seiner ziervollen Formen Leben und Fröhlichkeit
einzuhauchen. Erwähnt sei auch
ein aus der klassizistischen Zeit stammender
geschnitzter und vergoldeter Wandspiegel
mit Leuchter und Urnenaufsatz von schönster
, stilreiner Arbeit. Endlich empfängt
das Haus einen hohen Reiz durch die grosse
Zahl der die Wände schmückenden Bildnisse
hervorragender Persönlichkeiten des
Glarnerlandes, die alle zur nähern oder
weitern Familie des Hauses gehörten, bis
zu Landammann Cosmus Blumer, dem
Sohne des Chorrichters, der nach dessen
Tod das Haus übernahm und bis 1861, seine
Witwe bis 1886 bewohnte, von der es an
den heutigen Besitzer, den Ururenkel des

Erbauers, Oberrichter Bartlome Heinrich
Tschudi-Streiff, überging.

Hier bei der „Wiese" tritt uns zugleich
der im Glarnerland erste, bewusste künstlerische
Versuch entgegen, die ganze Gartenanlage
in organische Beziehung zur Architektur
des Hauses zu setzen, wie es dem
Barockstil eigen war. Da wird von den
Wohnzimmern aus der Blick auf einen
Blumengarten gelenkt, bei dem alles mit
Überlegung so angeordnet ist, dass die davon
empfangenen Eindrücke ganz mit denen
zusammenstimmen, die das Haus von aussen
und innen erweckt. Rechts und links vom
Hauptwege, der in grüne Wiesen und Obstgärten
hinausführt, sind eine Menge seltsam
umrissene, teils runde, teils winklige, von
Buchshecken eingefasste, zierliche Miniatur-
beetchen um ein ganzes Labyrinth von
schmalen Kiesweglein gruppiert, eine Anordnung
, die hinter dem Hause im Gemüsegarten
gemildert weiterklingt. Zu dieser
Anordnung gehören auch die Lusthäuschen
in Garten und Wiese, wovon das letztere
mit sog. wälscher Haube, und der mächtige
Birnbaum, der die ganze Südseite des Hauses
bis ans Dach hinauf überzieht. Alles zusammen
ein höchst interessantes, schönes
Stück wirklich gute alte Zeit im fast unveränderten
Gewand der Tage Ludwigs XV.
und Ludwigs XVI., wie sich weit und breit
nicht leicht ein ähnliches finden dürfte.

Das Haus zum „Fabrikhof" in Mollis.

Wahrscheinlich 1760 — 61. (Tafel 58.) Wer
von Süden her nach Mollis kommt, sieht
sich gleich am Anfang des Dorfes vor ein
sehr ansehnliches, behäbig aus buschigem
Garten herausschauendes Haus gestellt, das
sowohl durch seine ungewöhnliche Breite
und sein mächtiges Walmdach als durch
die reiche Gliederung seiner Fassade die
Blicke fesselt. Diese wird nämlich auf der
Westseite durch zwei vorspringende, turmähnliche
Anbauten in drei resp. fünf Teile
zerlegt, und dem langgestreckten Dache sind
nicht weniger als drei geschweifte Mansardengiebel
aufgesetzt, ein grösserer, doppelt
geschweifter in der Mitte und zwei gleiche,
kleinere rechts und links, welche die Türmchen
krönen; überdies zieht sich zwischen
dem zweiten und dritten Geschoss — eine
in ihrer Art einzige Erscheinung im Kan-

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