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bungen, besonders mit Konrad Escher zusammen
für die Entsumpfung der Linth-
ebene, eine weitreichende, hochgesegnete
Wirksamkeit entfalten. Nach seinem Tode
ging das Gut an seinen Sohn Konrad, Zivilgerichtspräsidenten
(1788-1853), nach diesem
in verschiedene andere Hände über, bis die
kantonale gemeinnützige Gesellschaft es
1911 erwarb und • darin unter Schonung
alles künstlerisch Wertvollen eine Anstalt
für schwachsinnige Kinder errichtete.
Der „Hof" in Mollis. 1786-87. (Tafel 48 ff.)
Kaum hatte Konrad Schindler sein Haus
unter Dach gebracht, so erhielt er von seinem
jüngern Bruder Kaspar, dem Zeugherrn
und spätem letzten Pannerherrn des
Kantons (1781 — 1836), den Auftrag, ihm auf
seinem Gute Hof auch ein Haus zu bauen.
Aber so grossartig wie das Haltli durfte
es nicht werden, sondern innen zwar fein
und nach neuestem Geschmack, nach aussen
dagegen unauffällig und einfach. Und nun
ergab sich das Erstaunliche, dass derselbe
Architekt, der soeben einen üppigen Barockbau
ähnlich dem Palais Rougemont in
Neuenburg glänzend vollendet hatte, hier
zwei Jahre später plötzlich ein völlig anders
geartetes Haus, dergleichen es bis jetzt im
Glarnerland auch noch keines gegeben, erstehen
Hess, einen Bau, der klar und schön
den Übergang vom ausklingenden Barock
zum heraufziehenden klassizistischen, dem
später so genannten Empirestil vollzog.
Abermals ein prächtiges Novum für den
Kanton. — Noch völlig in den Traditionen
des Rokoko ist das Haus mit seinem weiten
Umschwung von Hof, Zier- und Nutzgärten,
Brunnen und Ökonomiegebäuden von Mauer
umschlossen und so in die Natur hineingestellt
, als müsste es mit ihr verwachsen.
Nicht besonders gross, dreistöckig, auf der
Süd- und Nordseite fünf, auf den Schmalseiten
drei Fenster breit, kehrt es dem Ankommenden
die westliche Schmalseite als
Hauptfront zu. Diese präsentiert sich ganz
anspruchslos. Lisenen umrahmen die sonst
ungegliederten Mauerflächen. Das zeltför-
mige Dach ist in der Mitte durch einen
leichten Dreieckgiebel unterbrochen, das
darunter angebrachte Fenster nach drei
Seiten ausgeschweift und lässt damit erkennen
, dass die Herrschaft des Barocks
noch nicht ganz überwunden war, während
an dem kunstvoll gearbeiteten Hausportal
mit seinem reich verschlungenen Oberlichtgitter
, dem kräftig vorspringenden Knauf
der Mittelsäule und der Fülle graziöser
Schnitzverzierungen an den Türen deutlich
zutage tritt, wie Barock und Rokoko noch
ineinanderspielten. Am Sturz die Jahrzahl
1786 und ein glückverheissender Stern, der
jedoch nicht das Wappen des Erbauers
ist. — Innen führt ein weiter Korridor zur
Treppe, die bis zum ersten Podest mit eisernem
, von da bis zu oberst mit harthölzernen
Geländern versehen ist. Die Säulchen der
letztern sind über Eck gestellt und nach
der einen Dimension nur von der halben
Dicke der andern, was dem ganzen Geländer
den Schein ungewöhnlicher Leichtigkeit
verleiht. Leichtigkeit ist überhaupt
der Charakter der ganzen Innendekoration.
Die Stirnseiten der Podeste und Untersichten
der Treppen erfreuen durch den Schmuck
zierlicher Stukkaturen. Ebenso die Decken
und Wandgesimse der Hausgänge. Hier
sind die Supraporten überdies durch Stukkaturen
belebt, welche laubumwundene
Stäbe zu Rahmen zusammenschliessen, zwischen
die von Bändern gehaltene Girlanden,
Schilde mit Emblemen und Palmzweigen,
zu Bildern vereinigt, herunterhangen, während
manche der leicht kassettierten Türen
in den Füllungen und an den Griffen und
Schlüsselschildchen von einem artigen Spiel
kleiner Rokoko Verzierungen umwoben sind.
Ein spiegeltragendes Konsoltischchen im
obersten Gange dagegen scheint mit Hänge-
festons, Perlstabrahmen und antikisierender
Vase den anbrechenden Sieg des Klassizismus
im Hause vorbereiten zu helfen. — Die
Zimmer sind hoch, hell belichtet und zum
Teil sehr geräumig, die Decken einfach
gehalten. Im Salon dagegen erhebt sich
die Arbeit des Stukkateurs zu reicher Schönheit
; alles aber bewegt sich vornehm gemessen
in ernsten, geraden Linien, doch
nicht in der anfröstelnden Steifheit des völligen
Klassizismus. Anmutig geschlungene
Festons durchziehen die Felder am Rand
der Decke; in den Ecken führen lustige
Kinder die vier Jahreszeiten auf, und an
den Seiten drehen sich aus Blattmotiven
gebildete Rosetten, wie zum Tanze ladend,
in unaufhörlichem Wirbel. Auch andere
xxxni
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